Atom-Treckerschau am Samstag in Hannover

■ Scharping, Schröder und Griefahn unterschreiben den Demo-Aufruf nicht

Hannover (taz) – Schon morgen mittag wird der bundesweite Demonstrations- und Aktionstag für die „Sofortige Stillegung aller Atomanlagen!“ und die „Energiewende jetzt!“ beginnen. Um zwölf Uhr am Freitag will sich nämlich vom Göttinger Rathaus aus ein Fahrradkorso auf den 100 Kilometer langen Weg nach Hannover machen. Im Wendland werden sich zur gleichen Zeit vor dem Lüchower Gildehaus Traktoren sammeln, um wie beim berühmten Gorleben-Treck des Jahres 1979 gemeinsam nach Hannover zu fahren. Die wendländische Bäuerliche Notgemeinschaft hat für den Treck von Lüchow über Uelzen und Celle nach Hannover „mindestens hundert Traktoren“ angekündigt.

Die wendländischen Bauern bleiben nicht allein. Wenn um elf Uhr am Samstag der Gorleben- Treck in Hannover-Lahe den Stadtrand erreicht, wollen sich gleichzeit im Osten der Stadt an der Hindenburgschleuse Bauern aus dem hannoverschen Umland mit ihren Treckern sammeln. Vor allem Bio-Landwirte hätten ihr Kommen zugesagt, teilte das Vorbereitungskomitee gestern mit.

Die Gesamtzahl der AKW- Gegner, die am Samstag in Hannover zu erwarten ist, wollte oder konnte das Vorbereitungskomitee gestern allerdings nicht prognostizieren. „Wir verkaufen schließlich keine Eintrittskarten“, sagte Sprecherin Gerlinde Wiese. Sicher ist allerdings, daß auf dem hannoverschen Bahnhof Sonderzüge mit Demonstranten aus dem Ruhrgebiet und aus Hamburg eintreffen werden. Allein die BI Lüchow- Dannenberg will mit mehr als zehn Bussen anreisen. Viele weitere Busse etwa aus Berlin, Bremen, Magdeburg, Rheinland-Pfalz, Bayern und NRW sind bereits gechartert. Unabhängig davon haben auch Studentenschaften aus einer Reihe von Städten eigene Anfahrtmöglichkeiten per Bus organisiert. Viele AKW-Gegner wollten auch das 15-DM-Wochenendticket zum Demonstrieren in Hannover nutzen. Für Musik, Kabarett und einen Info-Markt der Energiealternativen ist am Ort der Abschlußkundgebung, dem Leibnizufer gesorgt. Anreisende sind zu eigenen Aktionen eingeladen.

Ein entschlossenes „Jein“ ist weiterhin von der SPD zur Demo in Hannover zu hören. Den Aufruf haben inzwischen über 250 Organisationen und über 200 Amts- und Mandatsträger unterzeichnet. Von den 33 SPD-Bundestagsabgeordneten, die ursprünglich zu der bundesweiten Demo aufriefen, haben allerdings inzwischen 16 ihre Unterschrift wieder zurückgezogen. Von vorneherein die Unterschrift verweigert hatten Gerhard Schröder, Monika Griefahn und auch Rudolf Scharping. Letzterer mit der Begründung, diesen Aufruf habe doch schon der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Müller unterzeichnet. Das reiche doch. Für das Vorbereitungskomitee hat der SPD-interne Streit allerdings auch sein Gutes. In der SPD und auch beim BUND führe die Demo zu einem inhaltlichen Klärungsprozeß. Die Bonner Zentrale des BUND ruft weiterhin zu der Demo in Hannover auf. Der in Schroeders Energieagentur arbeitende energiepolitische Sprecher des BUND, Stephan Kohler, wird aber fehlen. Jürgen Voges