■ Mit bockigen Stromversorgern auf du und du
: Alte Strategie

Berlin (taz) – Von den AKW- Gegnern lernen heißt Siegen lernen. So ähnlich müssen die Chefs der deutschen Energieversorger kalkuliert haben, als sie ihre neueste Strategie gegen das Stromeinspeisegesetz geplant haben. Wie die Atomstromgegner in den achtziger Jahren, die einen Teil ihrer Stromrechnungen aus Protest nicht bezahlten, zahlen sie jetzt fällige Rechnungen nicht, weil ihnen die dahinterstehende Politik nicht paßt.

Das Gesetz, das die Energiekonzerne so ärgert, legt fest, wieviel die Betreiber von privaten Wasser-, Wind- oder Photovoltaik-Anlagen bekommen, wenn sie ihren Strom ins Netz einspeisen. Die Preise liegen bei gut 15 Pfennig, was den Energieversorgern zuviel ist. Fast alle zahlen nur noch „unter Vorbehalt“, weil sie die Regelung für verfassungswidrig halten. Zwei Betreiber von Wasserkraftwerken in Süddeutschland bekommen neuerdings nur noch ein Drittel der Vergütung, weil die Konzerne einen Prozeß riskieren wollen (taz vom 10. 5.).

Doch damit haben die Konzerne einen parteiübergreifenden Zorn ausgelöst, den sie so wohl kaum erwartet haben. „Das geht in den Bereich krimineller Handlungen“, wettert zum Beispiel der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Ramsauer. Hermann Scheer (SPD) kritisiert die „drehbuchartig gesteuerte Kampagne“ der Energieversorger. Das Ziel der Stromwirtschaft sei nur die Sicherung der eigenen Monopole. Auch Michaele Hustedt von Bündnis 90/ Die Grünen sieht darin einen „kaltschnäuzigen Rechtsbruch“.

Zumindest in dieser Frage gibt es also einen Energiekonsens im Bundestag. Denn das Einspeisegesetz habe sehr positive Wirkungen, sind sich die Parlamentarier einig. So bilanziert Hermann Scheer, daß dadurch die Zahl der Windkraftanlagen in der Bundesrepublik seit 1991 von 227 auf 2.500 gestiegen ist. Damit habe Deutschland bereits Dänemark überflügelt.

Auch die Bonner Ministerien liegen auf dieser Linie. Vor zwei Wochen erklärte Heinrich Kolb, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, das Einspeise-Gesetz sei verfassungskonform, was auch von Justiz- und Innenministerium bestätigt wurde. Gegen den kühl kalkulierten Rechtsbruch sind die Ministerien allerdings fast machtlos: Ihnen fehlt die juristische Handhabe, weil die Verletzung des Einspeisegesetzes nicht als Straftatbestand formuliert wurde. Nun müsse man überlegen, ob das nicht geändert wird, fordert der CSU-Abgeordnete Ramsauer. Dann stünde bei den Energieversorgern demnächst auch der Staatsanwalt vor der Tür. Felix Berth