Possierliches Wahlkampfmanöver

■ SPD will PDS-Stadtrat wegen Besetzerfreundlichkeit abwählen

Für den Baustadtrat von Prenzlauer Berg, Matthias Klipp (Bündnisgrüne), galt noch im Dezember, daß nur Besetzungen helfen, um den Verantwortlichen für Wohnungsleerstand auf die Sprünge zu helfen. Im März erklärte die SPD- Abgeordnete Silvia Pickert im taz- Interview, sie bringe „sehr viel Verständnis für die Besetzer auf“ und beschrieb deren Aktionen euphemistisch mit „do it yourself“.

Doch die Zeiten ändern sich (wenn auch nicht die Probleme), denn es ist Wahlkampf. Prenzlauer Bergs Wirtschaftsstadtrat Robert Scholz (PDS) bekommt es als erster zu spüren. Weil er im Anschluß an eine Kiezdemonstration am „Runden Tisch“ Sympathie für geräumte Besetzer bekundete, soll er morgen auf Antrag der SPD als Stadtrat abgewählt werden.

Pikant an der Geschichte ist, daß es der Direktkandidat für die Abgeordnetenhauswahl Klipp war, der seinen Kollegen Scholz beim Law-and-order-Bürgermeister Manfred Dennert (SPD) verpfiffen hat. Kurz nach dem „Runden Tisch“ hatte Klipp Dennert telefonisch informiert und anschließend einen Aktenvermerk gefertigt, in dem es heißt: „Herr Scholz rief zu weiteren Besetzungen auf. (...) Dies wurde vom Unterzeichner entschieden abgelehnt.“ Sowohl Klipp als auch Dennert waren gestern für die taz nicht zu sprechen. Den Kopf gewaschen bekam Petze Klipp allerdings vorgestern von seiner Fraktion. Klipp solle auf der BVV-Sitzung öffentlich erklären, daß er den Abwahlantrag überzogen findet.

Keine Angst vor den rosa-grünen Männern zeigt indes der Gescholtene. Scholz fordert, bei Häusern, die für die Sanierung vorgesehen seien, aber ein Baubeginn nicht abzusehen sei, eine Zwischennutzung zu ermöglichen. Eine Forderung, der sich – freilich ohne Rücksprache bei Dennert und Klipp – auch der SPD-Sozialstadtrat Reinhard Kraetzer angeschlossen hat. Uwe Rada