Verbote mit vielen Einschränkungen

Bundestag und Bundesrat müssen in dieser Woche über Ozon-Fahrverbote entscheiden / Von Umweltministerin Angela Merkel sind dabei nur zaghafte Vorschläge zu erwarten  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) wird gestern freudig ihren Regenschirm gezückt haben – bedeuten Wolken doch zunächst einmal eine Entlastung an der Ozonfront. Aber spätestens am Donnerstag wird ihr die gasförmige Substanz aus drei Sauerstoffatomen erneut Kopfschmerzen bereiten: Dann steht das Thema auf der Tagesordnung im Bundestag und in der Umweltministerkonferenz.

Debattiert wird zunächst ein Gesetzentwurf des Bundesrates, der umfassende Maßnahmen gegen Sommersmog vorsieht. In zusätzlichen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften sollen dann konkrete Grenzwerte und Maßnahmen beschlossen werden. „Das reicht der Bundesregierung nicht, da stehen ja nicht einmal konkrete Grenzwerte drin“, begründet ein Sprecher des Umweltministeriums die Ablehnung. Merkel will in den nächsten Tagen selbst einen Vorschlag einbringen.

Die Debatte wird sich um zwei Punkte drehen: Wieviel gesundheitsschädliches Ozon ist den Menschen zuzumuten? Und welche Maßnahmen, insbesondere beim Hauptverursacher Straßenverkehr, sollen vorgeschrieben werden? Schon jetzt kursieren Gerüchte, daß Merkel für eine „Übergangszeit“ erst ab 180 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft warnen und ab 240 Mikrogramm eingreifen will. Bei 360 Mikrogramm soll es dann massive Fahrverbote geben – Werte, die insbesondere nach dem neuerdings praktizierten EU-Meßverfahren hierzulande noch gar nicht erreicht werden.

Interessant wird auch sein, für welche Gruppen oder Gebiete die Umweltministerin Ausnahmen vorschlägt. Bei der vom Bundesrat noch nicht abgesegneten Verordnung zur Einschränkung von Benzol, Dieselruß und Stickoxiden hat das Verkehrsministerium schließlich durchgesetzt, daß „Autobahnen und Kraftfahrzeugstraßen (...) für ein auch nur zeitweises Verkehrsverbot nicht in Betracht“ kommen. Wenn die Meßergebnisse hier also Fahrverbote laut Gesetz vorschreiben, tritt die Verwaltungsvorschrift in Kraft, die das auf bestimmten Straßen wieder aufhebt. SPD und PDS wollen zunächst dafür streiten, daß bei 180 Mikrogramm Ozon auf Autobahnen nur noch Tempo 80 gefahren werden darf – und zwar auf mindestens einem Fünftel des Bundesgebiets. Laster sollen sogar auf 60 Stundenkilometer abgebremst werden. Fahrverbote schlägt der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Müller, aber grundsätzlich nur für Autos ohne Katalysator vor.

Bündnis 90/Die Grünen wollen zusätzlich den Vorschlag einbringen, der schon bei 90 Mikrogramm Ozon Warnungen an die Bevölkerung und Appelle an die Verursacher hinterm Lenkrad oder in den Chefetagen der Fabriken vorsieht. Bei 120 Mikrogramm soll dann Alarmstufe eins gelten, bei der der Autoverkehr und emissionsintensive Industrie eingeschränkt werden. Konkrete Pläne müßten die Verwaltungen vor Ort erarbeiten, damit sie zum Beispiel die Umsteigemöglichkeiten der Pendler vom Auto in die Bahn miteinbeziehen können, schlägt die verkehrspolitische Sprecherin der Bündnis 90/Die Grünen-Fraktion, Gila Altmann, vor. Für 180 Mikrogramm Ozon in der Luft fordern die Bündnisgrünen schließlich ein generelles Kraftfahrzeugverbot. Gas geben dürften danach nur noch Bus- und TaxifahrerInnen, LieferantInnen, KrankentransporterInnen, PolizistInnen und Behinderte.

„Wenn die Werte erst einmal hoch sind, bringt ein Tempolimit fast nichts mehr“, kritisiert die grüne Politikerin den SPD- Vorschlag. Nach entsprechenden Erfahrungen in Hessen im letzten Jahr fordern Bündnis 90/Die Grünen deshalb eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometer auf Autobahnen, 80 auf Landstraßen und 30 in Ortschaften – das ganze Jahr über.