■ Mitgehört
: „Eins live“ im Dauertest

Seit April dieses Jahres ist „Eins live“ auf dem Äther, und die WDR-Jugendradiowelle beging den Auftakt natürlich mit einem Aprilscherz. Altgediente WDR- Haudegen wie Egon Hoegen („Der 7. Sinn“) und Günter Krenz nahmen Sätze in den Mund wie „Wir jungen Menschen sind von der Rente soweit entfernt wie Angela Merkel von Cosmopolitan“. Als aber auch am 2. April noch immer solcherart jungdumme Sprüche geklopft wurden, war klar: Die Reform zu mehr juveniler Durchhörbarkeit ist eingeschlagen.

Anstelle der verblichenen, bundesweit vorbildlichen WDR-1- Sendungen zur Popmusik (nun im abendlichen Exil), zur Weltmusik, zu Soul und Jazz tauchten nun eine Kennenlernbörse auf („Hin und weg“), Geschichten über japanische Unterhosen mit Sexualduftstoffen, Bettgeschichten aus Hollywood und was die angepeilte HörerInnenschaft, die „Generation 30 minus X“, sonst noch zum Leben brauchen könnte, nicht zu vergessen durchaus hehre Aktionen gegen Gewalt und Rassismus. Dann aber immer wieder ein Spruch wie „Wir haben den Sound der 90er“, gefolgt von dem Radioreißer „So lonely“ aus dem Jahre 1979. Überhaupt die Musik! Wellenchef Gerald Baars hatte schon mit „hitorientierter Musik der 80er und 90er“ gedroht, und tatsächlich ist nun der Kanal voll von längst überwunden geglaubter Gebrauchsmusik wie „Su-su-Sudio“, „Man Eater“, „Big in Japan“ oder „Blaue Augen“. Auf den Kontakt mit den HörerInnen legt man großen Wert, daher gibt es viele schöne Fax- und Telefon-Aktionen, diverse „Fragen, die die Welt nicht braucht“, Ratschläge wie „Du siehst beknackt aus, also tu' was!“ sowie den Domian-Nighttalk. Beim „Fremdgehen“ etwa ist Domians Moral: Wer fremdgeht, genießt und schweigt; wer betrogen wird, macht ein Faß auf oder gleich Schluß. Daß es neben euphorischen Stimmen auch HörerInnenkritik gab, verschweigt der WDR nicht. Erste Quoten stehen aber erst im Juni ins Haus. Dann zeigt sich, ob der Jungendummenfang „Eins live“ tatsächlich Marktführer bei den 14- bis 29jährigen ist.Oliver Rahayel