Längerer Kriegsdienst

■ Rußlands Soldaten müssen 24 Monate zur Armee / Reformer protestieren

Moskau (dpa/taz) – Rußlands Wehrpflichtige müssen künftig zwei Jahre in der Armee „dienen“ – sechs Monate länger als bisher. Außerdem sollen nun auch Studenten eingezogen werden. Präsident Boris Jelzin unterzeichnete am Wochenende ein entsprechendes Gesetz, das die Staatsduma am 7. April gebilligt hatte. „Meine verfassungsgemäße Pflicht als Präsident und Oberkommandierender gebietet, die Kampfkraft der Streitkräfte zu sichern“, begründete Jelzin in einem Interview seine Entscheidung.

Vor allem demokratische Fraktionen in der Staatsduma hatten die rasche Verabschiedung des Gesetzes als undemokratisch kritisiert. Sie forderten Jelzin auf, das Gesetz mit seinem Veto zu blockieren. Die Armee sei in der Bevölkerung gefürchtet. Durch die Verlängerung der Dienstzeit würden Wissenschaft und Erziehungswesen die dringend benötigten Nachwuchskräfte entzogen. Als zudem Studenten in Sankt Petersburg und Moskau gegen das Gesetz protestierten, entschied sich Jelzin nach Angaben eines seiner Mitarbeiter für eine Ausnahmeregelung für Wissenschaftler. Hochschulabsolventen, die in der industriellen und militärischen Forschung tätig sind oder in den Staatsdienst treten, müssen keinen Kriegsdienst leisten.

Die Dienstzeit war Ende der 80er Jahre auf anderthalb Jahre verkürzt worden. Da die Zahl der Verweigerer aber immer mehr anstieg, forderten die Militärs schon lange eine erneute Verlängerung. Außerdem solle die Einhaltung der Wehrpflicht besser kontrolliert werden. Das Verteidigungsministerium klagte wiederholt, daß weniger als die Hälfte eines Jahrgangs ihren Dienst ableiste. Schließlich hatten auch die hohen Verluste des Tschetschenien-Krieges den Forderungen nach Verlängerung der Wehrpflicht Auftrieb gegeben. Benötigt würden mehr und besser ausgebildete Soldaten. Im Mai und Juni werden 210.000 Männer der Jahrgänge 1968 bis 1977 ihren Einberufungsbefehl erhalten.