Atomschiff darf nicht in Irland ankern

■ Bürgerinitiative hat Recht erstritten, in Irland gegen die britische Plutoniumschleuder Sellafield zu klagen

Dublin (taz) – Der britische Frachter „City of Manchester“ darf nicht in Dublin anlegen. Das hat das irische Marineministerium am Wochenende beschlossen. Das Schiff ist am Freitag in Portugal mit 310 Tonnen Uranerz an Bord in See gestochen. Die strahlende Fracht soll in Sellafield zu Brennstoff für Atomkraftwerke aufbereitet werden. Auf dem Weg zu der Plutoniumschleuder im Nordwesten Englands wollte man übermorgen in Dublin anderes Frachtgut entladen.

Ein Sprecher der Reederei „Ellerman Lines“ sagte, das Uranerz sei völlig harmlos. Das Anlegeverbot werde dem irischen Im- und Exportgeschäft schweren Schaden zufügen. Eamon Gilmore, Staatssekretär im Marineministerium, hielt dagegen, jede andere Entscheidung hätte in krassem Widerspruch zur Regierungspolitik gestanden. Die irische Regierung versucht seit Jahren, die britische Regierung zur Schließung der unfallträchtigen Atomanlage zu bewegen. Berechnungen Dubliner Wissenschaftler haben ergeben, daß sich durch die Inbetriebnahme der gigantischen Thermaloxid- Wiederaufbereitungsanlage (Thorp) – sie ist doppelt so groß wie das Wembley-Stadion und höher als die Londoner St.-Pauls- Kathedrale – die radioaktive Belastung verzehnfachen wird. Das habe auch Auswirkungen auf den Küstenstreifen am gegenüberliegenden Ufer der Irischen See, die sowieso schon das am stärksten radioaktiv verseuchte Meer der Welt ist.

Nach dem bisher schwersten Unfall in Sellafield Ende der fünfziger Jahre war es in der Gegend um die irische Hafenstadt Dundalk zu einer Häufung von Mißbildungen bei Neugeborenen gekommen. Es dauerte mehr als 30 Jahre, bis die britische Regierung den Unfall offiziell zugab. In Dundalk ist vor zwei Jahren auch eine Bürgerinitiative entstanden, die das Recht erstritten hat, vor einem irischen Gericht gegen Sellafield zu klagen. Der Dubliner Generalstaatsanwalt hat seine Unterstützung zugesichert. Noch in dieser Woche werden zahlreiche Kabinettsminister über eine koordinierte Strategie gegen Sellafield beraten. Ralf Sotscheck