Bombe gegen Abschiebeknast

■ Polizei fahndet nach vier Kreuzberger Autonomen / 120 Kilo Sprengstoff gefunden

Berlin (taz) – Buchstäblich in letzter Minute gelang es der Berliner Polizei in der Nacht zum Dienstag, einen Sprengstoffanschlag zu verhindern. Die drei Männer und eine Frau aus der linken Szene Kreuzbergs, die zur Fahndung ausgeschrieben wurden, wollten nach Angaben der Polizei einen im Bau befindlichen Abschiebeknast in Berlin-Köpenick in die Luft sprengen. Unklar blieb gestern allerdings, welche Anhaltspunkte die Polizei für eine Tatbeteiligung der vier hat. Die Generalbundesanwaltschaft hat am Dienstag ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, der Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens und anderer Straftaten eingeleitet.

Einer Funkstreife war gegen zwei Uhr auf einem Parkplatz in Berlin-Köpenick ein roter Ford Transit und ein blauer VW Passat aufgefallen. In dem Ford mit gestohlenem Kennzeichen fanden sich nach Polizeiangaben vier Propangasflaschen, die insgesamt 120 Kilo selbsthergestellten Sprengstoff enthielten. Die Flaschen waren mit Drähten und zwei Zeitschaltuhren versehen, die auf 3.30 Uhr und 3.31 Uhr eingestellt waren. In dem Fahrzeug lagen neun Flugblätter mit der Aufschrift: „Vorsicht Lebensgefahr! Sprengung des Knastgebäudes! Das K.O.M.I.T.E.E.!“

Wie der Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, Rolf Hannich, mitteilte, seien die Täter vermutlich gestört worden. Es sehe so aus, als hätten sie die Autos fluchtartig verlassen. Die Polizei traf auf dem Parkplatz keine Tatverdächtigen an, sagte Hannich. „Wir wissen nicht, wer in den Fahrzeugen war.“ Die Generalbundesanwaltschaft habe auch „keine Namen herausgegeben.“

Die Polizei wollte gestern keine Auskunft darüber geben, woher die Beamten die Gewißheit nahmen, daß es sich bei den Tatverdächtigen um die vier Personen im Alter von 31 bis 38 Jahren handelt. Die Polizei hatte bereits am Dienstag abend Fahndungsfotos mit vollem Namen an die Berliner Presse weitergegeben. Radioberichten zufolge waren in den beiden Autos die Ausweispapiere der vier Tatverdächtigen gefunden worden. Unklar blieb, warum die Durchsuchung zweier Häuser in Berlin-Kreuzberg erst am Dienstag nachmittag stattfand.

Bereits am 27. Oktober 1994 war bei einem Brandanschlag auf eine Bundeswehrkaserne im brandenburgischen Bad Freienwalde ein Bekennerschreiben gefunden worden, das mit „Das K.O.M.I.T.E.E.“ unterzeichnet war. Damals war ein Sachschaden von 200.000 Mark entstanden. In dem Bekennerschreiben hieß es: „Deutschland ist Kriegspartei im Völkermord in Kurdistan – militärisch, ökonomisch, politisch.“ Die Polizei konnte die Täter bis heute nicht ermitteln. Es gebe „bisher auch keine Anhaltspunkte“, daß die Täter der beiden Anschläge identisch seien, erklärte Hannich. Berlins Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) bedankte sich bei der Polizei, die ein Attentat nach dem Vorbild des Anschlags auf die hessische Haftanstalt Weiterstadt verhindert habe. Im März 1993 hatte die Rote Armee Fraktion das Gebäude mit 200 Kilo Sprengstoff vollständig zerstört. win