Peter und der Papst

■ Peter Ustinov präsentiert die „Weltmacht Vatikan“

Wenn es einen Ort gibt, an dem die Zeit scheinbar stehengeblieben, wo Geschichte konserviert ist und in dem dennoch Menschen wohnen, dann ist das zweifellos der Vatikan. Und wenn es jemand versteht, hehre Institutionen wie diese mit charmanter Ironie und leisem Spott zu treffen, dann ist das der umtriebige Peter Ustinov. Der Vatikan hatte keine Bedenken, Ustinov und ein kanadisches Kamerateam hinter seine Mauern blicken zu lassen – obwohl er ein in Schwäbisch-Gmünd getaufter Lutheraner ist.

Fast zwei Monate verbrachten sie im Jahre 1993 in dem Stadtstaat und kehrten mit sechs Stunden Film zurück, von denen der WDR drei angekauft hat – mehr Sendezeit stand nicht zur Verfügung. Ustinov wußte bei der Präsentation des Films mit allerlei Anekdoten aufzuwarten: von dem deutschen Kardinal, der allein davon, daß Ustinov ihm in dessen Muttersprache begegnete, sich zu einer Dreherlaubnis an der Heiligen Treppe bewegen ließ; vom Vatikan als einer Art „vornehmer Jungenschule“, in der jeder hinter dem Rücken des Lehrers, sprich des vorgesetzten Kirchendieners, über diesen herzieht. Gerade dieser typische Ustinov-Humor ist es, von dem man gerne etwas mehr im Film gehört hätte.

Wenn er vom immensen Kulturerbe spricht, das der Vatikan unter seinen Dächern angehäuft hat, dann spürt man vor allem Bewunderung, selbst wenn das damals nicht immer mit rechten Dingen zuging. Nur bei unbestritten wenig humanen Vorgängen wie den Kreuzzügen oder der Inquisition wird Ustinov spitzzüngig.

2.000 Jahre Vatikangeschichte waren zu durchwandern, der Film macht sie an zehn Schlüsselfiguren fest: Päpste, Kaiser und Heilige, aber auch Ketzer und Querulanten. Ustinov darf ihnen persönlich gegenübersitzen, wobei man sich die Mühe machte, die Rollen mit noch lebenden Landsleuten der historischen Gestalten zu besetzen. Helmut Griem spricht in der Rolle des Luther am Wittenberger Originalschauplatz geduldig über die Umstände seiner Erhebung, und Mario Adorf als Galilei über Kosmos und Kirche. Ustinov genießt es sichtlich, endlich all die Fragen loszuwerden, die er diesen Leuten immer schon stellen wollte.

Tatsächlich bringt uns der Zweiteiler, den man sich jeweils gleich im Anschluß an den Besuch der Messe ansehen kann, ein Stück Kirchengeschichte auf anschauliche Weise nahe. Das tut zwar ein Telekolleg auch, und dafür bräuchte es keinen Peter Ustinov, aber vielleicht haben die gezeigten Ausschnitte den Eindruck ja auch verfälscht, und das Ganze ist in Wahrheit viel unterhaltsamer. Oliver Rahayel

Fr., 11.00, So., 12.35, ARD