Koop zeigt „Baader. Remix 95“ am Halleschen Ufer

Schießübungen, Abrollübungen, Hüftschwünge, Posen und psychotische Kommandos. Pseudorevolutionärstum im Zwangskollektiv, motiviert durch sportlichen Ehrgeiz und spätpubertäre Eitelkeit – war das die Rote Armee Fraktion? In der Darstellung des Koop Theaters ja. In „Baader. Remix 95“ werden Texte von Ulrike Meinhof, William Burroughs und Thomas Bernhard wüst collagiert und in Mikrofone gebellt.

Es gibt eine Verfolgungsszene als gespielten Science-fiction-Comic, eine kreisch-laute und öde-klamottige Szene, in der „Andreas Baader“ im Operationssaal ausgeweidet wird, und irgendwann wankt er dann rückwärts, mit ausgebreiteten Armen: ein anderer Jesus? Am Anfang liegen Totenköpfe auf Kisten, nachher werden sie verpackt, und am Ende liegt einer von ihnen in einer Vitrine. Alles vor einer roten Wand, von der die AkteurInnen wohlgemerkt meist durch eine Plexiglasscheibe getrennt sind (Bühne: Thilo Reuter). Da wollte Regisseur Johannes Grebert mit seiner sechsköpfigen Truppe mal so richtig ironisch-distanziert dem 68er Heldenmythos auf den Zahn fühlen – und macht sich doch nur pathetisch über das textliche Pathos her.

Mit ihrer vorigen Produktion „Amphytrion. Kleist“ zeigte sich diese freie Gruppe um Grebert und Reuter letztes Jahr am gleichen Ort durchaus talentiert, jetzt übt sie eine Kresnik-Ästhetik auf Volkshochschulniveau und garantiert ohne politische Haltung. Denn drei Hirschgeweihe an der Wand, stets hübsch beleuchtet, sollen die Gesellschaftskritik letztlich eben doch ins Heute hinüberretten.

Wer unbedingt sehen will, wie EndzwanzigerInnen analysefrei die RAF-Bewegung samt Epigonentum denunzieren und ein solches Erbe, während sie es verwursten, gleichzeitig doch irgendwie für sich in Anspruch nehmen, kann sich heute, morgen, oder zwischen 25. und 30. April um 20 Uhr im Theater am Halleschen Ufer (32) einfinden (Eintritt: 25 Mark). Petra Kohse/Foto: Thomas Aurin