■ Vorgespult
: Plünderlust

„Vier Mann in Uniform und ein paar Schuhe“ von Bolé Butaké (WDR 3, 21.00 Uhr), WDR-Koproduktion mit dem Goethe-Institut Kamerun

Alles an diesem Hörspiel ist realistisch – nur nicht das tröstliche Ende... Bis dahin aber spielt der Autor geschickt die „Wanze“ im Lager von vier rüden Militärs, die nach einem Einsatz ihre jämmerliche Beute, einen Berg Schuhe, bewachen. Exotische Nachtgeräusche und Trommeln umreißen den Spielraum, aber nie zieht exotistischer Zauber auf – das Belauschen der menschenverachtenden Mörderbande läßt keine Fernwehstimmung zu. Die Uniformierten aber sind gut drauf, ihr Jagdinstinkt ist befriedigt. Es gab Leichen, Verletzte und Vergewaltigungen – das übliche Geschäft. Nun muß mit obszönem Gegröle gefeiert werden, denn erst das Prahlen vor den aufgegeilten Kumpels macht die Kerls zu Kerls. Hier braucht der Autor nichts dazuzudichten. Was wir hören, findet täglich an vielen Orten der Welt genauso statt. Butaké zieht diese Männer buchstäblich aus bis auf die Hosen. Dabei führt er lehrspielhaft vor, was sie motiviert: Plünderlust, Machtgier, Bildungsneid („Mein Hilfsschulzeugnis schlägt dein Abitur“). Aber auch eine zynisch-verdrehte Restmoral: „Nix gehört, nix geseh'n“, skandieren hörbar grinsend die dienstälteren Kameraden, als der Neue bange fragt, wie man die Leichen vor deren Familien verbirgt. Zur Selbstentlastung wird dann schnell das Feindbild durchgehechelt: alles Verräter, die den General bedrohen. So bleibt das Regime im Rennen. Als durch ein Mißverständnis die Angst vor einem „richtigen“ Krieg mit „echten“ Soldaten aufkommt, gestehen die vier sich ein, bisher wehrlose Zivilisten terrorisiert zu haben. Und plötzlich klagt Butaké die Männer nicht mehr an, sondern zeigt sie als einfache Leute. Auch sie sind Spielball eines autoritären Regimes, in dem ein junger Mann die Wahl hat zwischen Armut, Polizeischule und Militär. Kaum ist das klar, geschieht ein dramaturgisches Wunder: als hätten sie das Hörspiel mitverfolgt, werden die vier Uniformierten zu Menschen und tauchen in den demokratischen Untergrund. Eine verzweifelte Beschwörung des in Kamerun gefährdeten Autors?Gaby Hartel