Scientology keine Kirche

■ Bundesarbeitsgericht: Sekte verfolgt wirtschaftliche Interessen

Kassel (AP) – Die Scientology Church ist nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts rechtlich keine Kirche, sondern ein Wirtschaftsunternehmen. Das Auftreten als Glaubensgemeinschaft sei nur ein Vorwand für das Verfolgen wirtschaftlicher Interessen, entschied das Gericht am Mittwoch in Kassel.

Zur Begründung hieß es, es reiche nicht aus, sich selbst zur Religionsgemeinschaft zu erklären. Vielmehr müßten geistiger Gehalt und äußeres Erscheinungsbild denen einer solchen Gemeinschaft entsprechen. Das sei bei der Scientology Church nicht der Fall. In Wirklichkeit betreibe diese ein Gewerbe. Sie veranstalte gegen Entgelt Seminare und verkaufe Bücher. Die angeblich religiösen Dienste seien weitgehend kommerzialisiert. Zudem seien die Mitglieder verpflichtet, Zahlungen in erheblichem Umfang zu leisten. Im Außendienst seien Mitarbeiter tätig, die für das Anwerben von neuen Mitgliedern Provision erhielten.

In dem Prozeß ging es um Gehaltsforderungen eines ehemaligen Mitarbeiters der Vereinigung. In dieser Angelegenheit seien in Deutschland die Arbeitsgerichte zuständig, entschied das Gericht. Es sprach den Scientology-Mitarbeitern auch das Recht zu, die Vereinigung auf Gehaltszahlung zu verklagen. Das Bundesarbeitsgericht wies das Argument der Vereinigung zurück, die von den Mitgliedern geleistete Tätigkeit sei eine Arbeitsleistung auf vereinsrechtlicher Grundlage.

Die von dem ehemaligen Mitarbeiter der Vereinigung aus Hamburg angestrengte Klage auf Lohnzahlung wurde vom Gericht an das Arbeitsgericht in Hamburg zurückverwiesen. Der Mann hatte mehrere Jahre für die Vereinigung gearbeitet und dafür kein Arbeitsentgelt erhalten. Als er dann schließlich aus dem Dienst der Vereinigung ausbrach und eine ungenehmigte Auslandsreise antrat, erhielt er eine schwere Verwarnung. (Az.: Bundesarbeitsgericht 5 AZB 21/94)