Grünes Steuermodell reformiert Splitting

■ Ehepartner künftig einzeln besteuern

Berlin (taz) – Die Bündnisgrünen haben gestern in Bonn ein eigenes Steuermodell als Alternative zu den steuer- und familienpolitischen Vorstellungen der Regierungskoalition für 1996 vorgestellt. Das Modell, das auf einem beim Deutschen Institut für Wirtschaft (DIW) in Auftrag gegebenen Gutachten basiert, sieht für jeden Steuerpflichtigen bei der Lohn- und Einkommenssteuer einen Grundfreibetrag von 14.000 Mark vor. Damit folgen die Bündnisgrünen einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1992, wonach ab 1996 das Existenzminimum steuerfrei sein muß. Finanzminister Theo Waigel (CSU) geht bei seinem Entwurf eines neuen Steuergesetzes 1996 nur von einem Existenzminimum von 12.000 Mark aus. Gleichzeitig soll nach den Vorstellungen der Grünen das Kindergeld auf 300 Mark pro Kind und Jahr erhöht werden. Die Regierungskoalition sieht hier ein Kindergeld in Höhe von 200 Mark vor, erst ab dem dritten Kind soll es auf 300 Mark steigen. Die Koalition will außerdem alternativ zum Kindergeld den steuerlichen Freibetrag beibehalten und auf 6.200 Mark pro Kind und Jahr erhöhen. Angeblich kostet dies Bund und Länder sechs Milliarden Mark Steuerausfall. Die Bündnisgrünen hingegen wollen den steuerlichen Kinderfreibetrag abschaffen, um damit die Mehrkosten beim Kindergeld zu finanzieren. Außerdem soll das Ehegattensplitting, durch das bisher vor allem Alleinverdiener in einer Ehe steuerlich begünstigt werden, nach den Vorstellungen der Grünen eingeschränkt werden. Künftig sollen EhepartnerInnen individuell besteuert werden, wobei der Unterhalt eines Ehegatten bis zur Höhe von 14.000 Mark steuermindernd geltend gemacht werden kann. Die Reformierung des Ehegattensplitting würde dazu beitragen, die Freistellung des Existenzminimums, die immerhin 55,1 Milliarden Mark kosten würde, zu finanzieren. Außerdem soll der unterste Steuersatz von derzeit 19 auf 25 Prozent angehoben werden. Karin Flothmann