■ Mit dem Zweitregister auf du und du
: Schiffe für den Krieg

Bremen (taz) – „Wenn nicht schnell gehandelt wird, gibt es in zehn Jahren keine nennenswerte deutsche Handelsflotte mehr“, warnt Bremens Hafensenator Uwe Beckmeyer (SPD). Mehr Subventionen und Steuererleichterungen seien nötig, um die deutschen Reeder über Wasser zu halten, forderten die fünf Küstenländer kürzlich im Bundesrat. 1995 ist der Subventionskuchen 100 Millionen Mark groß. Erst im Januar hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß das sogenannte Zweitregister zulässig ist: Deutsche Reeder dürfen weiterhin ausländische Seeleute zu den miserablen Tarifbedingungen in deren Heimatländern anheuern. Die Schiffe fahren billiger und gelten doch als deutsche Kähne.

Damit entschied das Gericht nicht nur im Interesse der Reeder. Auch anderswo nimmt man rege Anteil am Wohl und Wehe der deutschen Handelsflotte: auf der Hardthöhe. Denn Schiffe im Zweitregister sind immer noch deutsche Schiffe und können daher im „Spannungsfall“ für militärische Nachschubtransporte herangezogen werden. Die Nachteile des Zweitregisters – schlecht ausgebildete Mannschaften, Kommunikationsprobleme an Bord und teilweise unmenschliche Arbeitsbedingungen – fanden dagegen bei den Verfassungsrichtern kein Gehör.

Im „Ernstfall“ benötigt die Bundesrepublik nach Planungen der Militärs täglich einen Nachschub von 100.000 Tonnen Gütern des zivilen und 25.000 Tonnen des militärischen Bereichs, die aus Übersee herangeschifft werden müssen. Deshalb regelt das Bundesleistungsgesetz, daß auch von Zivilisten „Leistungen für Zwecke der Verteidigung“ zu erbringen sind: Zum Beispiel die „Überlassung von beweglichen Sachen zum Gebrauch“.

„Die Aufrechterhaltung der Versorgung über See, der Schutz der Handelsschiffe und die Verhinderung von Schiffsverlusten erfordern eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Nato-Marinen und der Handelsschiffahrt“, heißt es in den „Richtlinien für die Aus-und Weiterbildung von Schiffsoffizieren der Handelsschiffahrt“. Im Ernstfall brauchen die zivilen Kapitäne dann nur die Uniform zu wechseln.

Doch nach Berechnungen der Küstenländer hat die Einführung des Zweitregisters den Trend zum Ausflaggen nicht aufhalten können – daher jetzt die Forderung nach mehr Subventionen. In den letzten zehn Jahren gingen mehr als 550 Schiffe von der deutschen Fahne. Und wo nicht Schwarz- Rot-Gold am Heck weht, läßt sich auch im Krieg nichts beschlagnahmen. Bernhard Pötter