Die Überraschungslösung in der Kiste

Für ökologisch bewußte Menschen gibt es Biogemüse im Abo / Bäuerinnen in Buchholz liefern das ganze Jahr, kaufen aber im Winter ein Drittel zu / Nur einheimische Knollen und Blätter  ■ Von Doris Maassen

Was kommt nächste Woche in den Kochtopf? Wer ein Gemüseabo hat, ist freitags klüger. Dann nämlich liefern die Buchholzer Biobäuerinnen ihre Abokiste nach Berlin. Fast zweihundert Berliner WGs, Familien und Einzelpersonen kaufen von ihnen jede Woche die Katze im Sack.

Das System ist einfach: die KundInnen abonnieren – mit Mindestabozeit und Kündigungsfrist, wie bei anderen Abos auch –, und die Bäuerinnen stellen die wöchentliche Mischung zusammen und liefern sie an Verteilstellen in der Nähe ihrer Kundschaft aus. „Inzwischen sind unsere Touren ganz schön lang geworden“, erzählt Ruth Kleinöder, eine der beiden Bäuerinnen.

Morgens um sechs geht es los. Hinter Tempelhofer Gartentüren laden sie ihre Fracht ebenso ab wie in Kreuzberger Fabriketagen oder Schöneberger Stadtteilzentren. Gemüse nach Saison, aber auf Wunsch auch Eier aus dem eigenen Stall oder Honig vom Nachbarn sind in den Kisten zu finden. Noch sind die Bäuerinnen aus Buchholz nach eigenen Angaben die einzigen in Brandenburg, die ganzjährig Gemüsekisten liefern. „Das könnten eigentlich viel mehr Höfe machen. Eine Konkurrenz wären wir für einander kaum, weil es darum geht, einen festen Kundenstamm aufzubauen, und Berlin ist groß genug“, wirbt Ruth Kleinöder für ihr Konzept. Andernorts, zum Beispiel in den Niederlanden, ist das Aboprinzip schon weit verbreitet.

Vor drei Jahren, als sie den Hof in der Nähe von Fürstenwalde pachteten, hatten es die Bäuerinnen Ruth Kleinöder und Isrid Andries nicht leicht, die Banken von ihren Plänen zu überzeugen. Es gibt an jeder Ecke Bioläden, dazu kommen die Food-Coops, wozu dann noch ein Gemüseabo? Daß die Bäuerinnen mit ihren Überraschungskisten inzwischen recht erfolgreich sind, hat verschiedene Gründe. Der erste große Vorteil des Abosystems: Was in die Kiste kommt, kann kaum frischer sein. Es wird kurz vor der Auslieferung geerntet und liegt weder beim Großhändler noch im Laden herum. Der zweite Grund: Der Inhalt der Abokiste richtet sich nach den Jahreszeiten und danach, was der hiesige Boden hergibt. Ein ziemlich großes Plus in Sachen Ökologie – selbst in Bioläden gibt es inzwischen Sommergemüse im Winter oder Früchte, die sommers wie winters nur in mediterranem Klima, aber nicht ohne weiteres in unseren Breitengraden gedeihen.

Da das Abogemüse nicht quer durch Europa gekarrt wird, sondern nur durchs halbe Brandenburger Land, müssen die BezieherInnen zwar auf einiges an Abwechslung verzichten – dafür lernen sie die ganze Palette mitteleuropäischer Knollen- und Blattgemüse kennen. Hiesige Winter sind lang: Auch wenn laut Kalender nächste Woche der Frühling beginnt, wird noch einige Zeit vergehen, bis das erste Frühjahrsgemüse geerntet werden kann.

Auf den Äckern in Buchholz ist entsprechend noch wenig zu sehen. „Bis nicht nur die Luft, sondern auch der Boden warm ist, das dauert noch“, lacht Ruth Kleinöder. Selbst die Pflänzchen, die jetzt in Treibhäusern oder Frühbeeten heranwachsen, werden frühestens Ende April reif für die Ernte sein. Kohl, Sellerie, Möhren, Kartoffeln, die jetzt in der Kiste landen, stammen vom vergangenen Herbst: unter einer dicken Schicht Sand werden sie in den Hofgebäuden gelagert. Nur die Hühner im Stall nebenan legen ihre Eier das ganze Jahr – im Winter etwa jeden zweiten Tag, im Sommer täglich.

Weil manchen KundInnen ein Speisezettel voll Kohl und Knollengemüse zu eintönig ist, haben sich die Bäuerinnen schweren Herzens für einen Kompromiß entschieden: Im Winter kaufen sie bis zu einem Drittel des Gemüses dazu. Dabei wenden sie sich möglichst nur an Brandenburger Biobauern, die – wer hätte das gedacht – ihre Gewächshäuser den Winter über beheizen.

Die Mischung dieser Woche: Kartoffeln, Äpfel, Möhren, eine Salatsorte, Fenchel und Schwarzwurzeln. Und wenn so exotische Dinge wie Topinambur oder Patisson einmal den Weg in die Kiste gefunden haben, ist dies kein Grund zur Verzweiflung: Rezepte, zum Beispiel für einen „Topitrank“, werden auch gleich mitgeliefert.