■ Mit knappen Wasserreserven auf du und du
: Entsalzung und Import

Berlin (taz) – Wasser ist knapp im Gaza-Streifen. Die vorhandenen Ressourcen sind längst nicht mehr ausreichend für die wachsende palästinenische Bevölkerung im Autonomiegebiet, und die Qualität des Wassers ist derart, daß es zur Bewässerung in der Landwirtschaft und zum Trinken kaum noch brauchbar ist. Vor allem die Verunreinigung des Trinkwassers, verursacht durch den Mangel an Abwasserkanalisation, hat schlimme Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung. Im November 1994 erkrankten 50 Menschen im Gaza-Streifen an Cholera.

Die einzige relevante Wasserquelle ist ein Grundwasserreservoir, das hauptsächlich durch einsickerndes Regenwasser und Frischwasserströme aus der Wüste Negev und dem östlichen Israel gespeist wird. Das Reservoir füllt sich in den nassen Wintermonaten mit etwa 35 Millionen Kubikmeter auf. Der jährliche Verbrauch an Wasser liegt jedoch bei zirka 120 Millionen Kubikmeter. Durch die Übernutzung sank der Grundwasserspiegel während der letzten 20 Jahre, und das Wasser versalzte.

In manchen Regionen des Gaza-Streifens, wie in Bait Lahiya und Deir al-Balahs, sank das Grundwasser bis unter den Meeresspiegel. Dadurch drang Meereswasser in das Reservoir ein. Zu allem Überfluß ist ein beachtlicher Teil der Wasserleitungen und -rohre verrottet, so daß das kostbare Naß aus den undichten Stellen versickert oder gleich verdunstet. Palästinensische Experten schätzen, daß etwa 20 Prozent der Wasserleitungen reparaturbedürftig sind.

Die israelische Besatzung des Gaza-Streifens und der Westbank im Jahre 1967 brachte Israel die Kontrolle über die palästinensischen Wasserressourcen. Eine militärische Verordnung erklärte 1967 die Wasserressourcen in Westbank und Gaza-Streifen einschließlich der privaten Brunnen und Quellen zu Staatsbesitz. Dadurch war es Israel möglich, Wasser aus den besetzten Gebieten in das eigene Wassersystem zu leiten.

Im Gaza-Streifen gibt es schätzungsweise 2.000 Brunnen. Die meisten davon wurden vor der israelischen Besatzung angelegt. Etwa 31 Brunnen, die ausschließlich der Wasserversorgung der israelischen Siedlungen in dem Gebiet dienen, wurden später von der israelischen Wassergesellschaft „Mekorot“ angelegt. Nach Angaben des palästinensischen Ökonomen Hisham Awartani wurden 1990 durch die israelisch verwalteten Brunnen 4,5 Millionen Kubikmeter gepumpt. 2,5 Millionen davon verbrauchten die Siedler, der Rest wurde an die Palästinenser verkauft.

Unter israelischer Besatzung wurden für den Bedarf an Trinkwasser und Bewässerung Quoten festgelegt, ihre Einhaltung wurde von den Besatzungsbehörden kontrolliert. Mit dem Einzug der palästinensischen Selbstverwaltung im Gaza-Streifen entstand ein Regulations-Vakuum: Ein Transfer des Wassermanagements fand nicht statt, und die Institutionen der Autonomieverwaltung waren auf Krisenmanagement nicht ausreichend vorbereitet. In der Praxis wurden die Quoten immer wieder durchbrochen. Immer mehr Wasser wurde aus dem Grundwasserreservoir gepumpt, und der Grundwasserspiegel sank weiter ab.

Nach einer Untersuchung der Wassersituation durch das Außenministerium der Niederlande liegt die langfristige Lösung des Problems in der Entsalzung von Grund- und Meereswasser und in der Einfuhr größerer Mengen Wassers.

Die Situation insgesamt führt in die Abhängigkeit – nicht nur von ausländischen Geldgebern, die die einzelnen Projekte, etwa die Reparatur und Verbesserung des Wassernetzes, finanzieren sollen. Der autonome Gaza-Streifen wird künftig mehr und mehr Wasser kaufen müssen: vom Nachbarstaat Ägypten und von den israelischen Wassergesellschaften, die das Wasser in anderen Teilen des Landes und in Zukunft wohl in Gemeinschaftsprojekten mit Jordanien gewinnen und in den Gaza-Streifen hineinleiten werden. Kirsten Maas