Das manische Beharren auf Neuwahlen

■ Wie Italiens Ex-Ministerpräsident Berlusconi sein Imperium zu retten versucht

Rom (taz) – Ein Gespenst geht um in der Fininvest, der Superholding Silvio Berlusconis: Es hat Verfassungsrang und heißt Referendum. Vor mehr als eineinhalb Jahren hatten mehr als eine Dreiviertelmillion Italiener einen Antrag auf Volksentscheid eingebracht, mit dem jener Passus im Mediengesetz gestrichen werden soll, der Berlusconi die Kontrolle über drei landesweit ausstrahlende Fernsehketten erst ermöglicht.

Die Abstimmung darüber ist für Juni 1995 angesetzt, und die Meinungsforscher geben den Ja-Stimmen (also der Abschaffung dieser Erlaubnis) die Mehrheit. Überdies soll in einem weiteren Referendum die Unterbrechung von Spielfilmen durch Reklame verboten werden – und das ist ein noch schlimmeres Horrorszenario für Berlusconis drei Sender, wäre doch damit ein einmaliger Vorteil vor dem Staatsfernsehen (dem derlei verboten ist) verloren.

Kein Wunder, daß Berlusconi schon regelrecht manisch auf sofortigen Neuwahlen beharrt: Wird das Parlament aufgelöst, sind automatisch alle Referenden ausgesetzt, die Fininvest hätte Zeit gewonnen. Doch nachdem Übergangsregierungschef Lamberto Dini gestern die Vertrauensabstimmung gewonnen hat, könnte er noch bis über Juni hinaus weiterregieren – Pech für Berlusconi.

So muß er nun propagandistisch aktiv werden: Seit Monatsbeginns strahlen die Fininvest-Sender Werbespots über die schlimme Zeit nach einem Werbeverbot: Da taumeln desorientierte Konsumenten in einem Supermarkt herum, die wegen fehlender Werbung nicht mehr wissen, was sie kaufen sollen. Unglücklich schauen sie zu Hause in die Röhre, wo ihnen nun kein wertvoller Spielfilm mehr geboten wird. Und überhaupt würde eine Annahme der Referenden Italien nicht nur zu einem unternehmerfeindlichen, sondern zu einem diktatorischen Land machen. Denn wo kein Berlusconi, da keine Demokratie.

Derlei bringt natürlich Berlusconis Gegner in Rage, und wieder einmal haben sie das Recht auf ihrer Seite. Der „Garant für das Medienwesen“, eine Art Oberaufseher über die Korrektheit der Meinungsbildung, hat die Spots als „einseitig“ verworfen und den Fininvest-Kanälen „Korrekturen“ aufgetragen. Jetzt müssen sie in neuen Spots das Gegenteil behaupten. Und nun kommt auch noch der Fiskus: Da die Berlusconi-Sender die Spots, natürlich, kostenlos ausstrahlten, meldete sich inzwischen das Finanzamt – es verlangt, daß der branchenübliche Gegenwert abgerechnet und versteuert wird. Werner Raith