■ Die PDS und der 8. Mai
: Überall Verschwörung

Die Partei der sozial Ausgestoßenen und rechtlosen Opfer (PDS) klagt an: Ihrem Antrag auf Abhaltung einer Sondersitzung des Abgeordnetenhauses am 50. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus setzen alle anderen Fraktionen „den größten Widerstand“ entgegen. Daß die anderen Parteien nicht hören wollen, was die von ihr eingeladenen ehemaligen Widerstandskämpfer zu sagen hätten, ist natürlich ein klarer Beweis dafür, wie brutal diese gefährliche Debatte unterdrückt wird und wie heftig sie den bundesweiten Allparteienkonsens zum 8. Mai erschüttert hätte. Mit jenem nationalen Konsens soll nämlich nach Ansicht des früheren Konkret-Autors und jetzigen PDS-Pressesprechers Günter Kolodziej die Vergangenheit entsorgt werden, damit „die angestrebte Rolle Deutschlands als Großmacht nicht mehr gestört“ werden kann. Welch ein Glück, daß wenigstens eine Partei den Blick für den weltweiten Zusammenhang entwickelt. Damit wird als Marginalie entlarvt, daß es am 8. Mai jede Menge andere Veranstaltungen gibt, deren Besuch für Abgeordnete sinnvoll sein könnte, zum Beispiel die Grundsteinlegung für die neue Halle der Stiftung „Topographie des Terrors“.

Man könnte die Stellungnahme des PDS-Sprechers als Kraftsprüche eines Verschwörungstheoretikers aus der gescheiterten Westlinken abtun. Leider aber ist er beileibe nicht der einzige, dem bei diesem symbolisch aufgeladenen Thema die Maßstäbe abhanden kommen. Der PDS-Abgeordnete Steffen Zillich zum Beispiel sieht in den Feierstunden am 8. Mai eine besonders raffinierte Form der „Zurichtung der deutschen Bevölkerung auf künftige Militäreinsätze“.

Das Schlimme daran ist: Die PDS macht die Menschen widerstandsunfähig. Denn sie fantasiert einen „nationalen Konsens“ über die deutsche Großmachtrolle herbei, den es doch gerade erst zu verhindern gilt. Vor diesem monolithischen Horizont kann sie sich dann wahlweise in anklagendem Ton als Opfer oder mit geschwollenem Bizeps als einzige übriggebliebene Opposition drapieren. Ute Scheub

Siehe Bericht Seite 22 und Hintergrund Seite 26