Wirtschaft übernimmt Klima, Umweltpolitik dankt ab

■ Freiwillige CO2-Reduzierung ersetzt Gesetze

Bonn (taz) – Mit dem Versprechen, den Ausstoß des Klimakillers CO2 und den Energieverbrauch freiwillig zu reduzieren, hat die deutsche Wirtschaft ein Stillhalten der Bundesregierung in der Umweltpolitik erreicht. Drei Wochen vor der Klimakonferenz von Berlin erklärte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Olaf Henkel, gestern in Bonn, die deutsche Wirtschaft sei bereit, die von ihr verursachten CO2-Emissionen und ihren Energieverbrauch bis zum Jahr 2005 „um bis zu 20 Prozent zu verringern“. Im Gegenzug, so Henkel, „geht die Wirtschaft davon aus, daß die Bundesregierung keine entsprechenden ordnungsrechtlichen Regelungen sowie fiskalischen Maßnahmen zum Klimaschutz ergreift“.

Die freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft wurde gestern von Kanzleramtsminister Friedrich Bohl (CDU), Umweltministerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) im Kanzleramt vorgestellt und wärmstens begrüßt. Vorerst vom Tisch sind damit strengere Gesetze zum Klimaschutz wie eine Wärmenutzungsverordnung und eine CO2-Steuer. „Wir gehen absolut davon aus, daß die Bundesregierung dieses Projekt nicht weiterverfolgt“, erklärte BDI-Chef Henkel zur CO2-Steuer.

Sofern die Wirtschaft das selbstgesteckte Ziel einhalte, werde die Bundesregierung ordnungsrechtliche Maßnahmen zur Klimavorsorge „einstweilen zurückstellen“, versprach Angela Merkel. Die Umweltministerin zeigte sich vorsichtig optimistisch, daß mit der Zusage der Wirtschaft der Beschluß der Regierung verwirklicht werden könne, bis zum Jahr 2005 den CO2-Ausstoß in Deutschland insgesamt um 25 bis 30 Prozent zu senken.

Die deutschen Autohersteller haben die Selbstverpflichtungserklärung nicht unterzeichnet. Rexrodt kündigte ein gesondertes Treffen mit dieser Branche für kommenden Mittwoch an, bei dem es um Bemühungen zur Verminderung der CO2- Belastung durch sparsame Autos gehen soll. Hans Monath Seite 6