Unorte: Bärenhotels Von Claudia Kohlhase

Hotels, die Bären heißen, haben's nicht leicht im Leben. Da ist der Bär im Schilde zu führen, daß es nur so brummt. Allein Kabarettisten haben es noch ähnlich schwer, wenn sie sich zum Thema Bär äußern. Denn der Bär, der gibt viel her, aua, aber es ist so.

Bei Kabarettisten genügt ja ein Brainstorming, um alle bärbezogenen Wortkombinationen, Sentenzen und Metaphern auf einen Zettel zu schreiben und anschließend etwas daraus zu machen, einen Sketch in den meisten Fällen, wo einer symbolisch auf der Bärenhaut liegt und ein Politiker sein soll, und daneben steht ein Gummibärchen alias Otto Normalverbraucher und wird vernascht oder etwas in der Art, natürlich intelligenter, wie es sich für bienenfleißig witzige Kabarettisten gehört. Denkbar wäre auch, daß einer sagt, wer A sagt, muß auch Bär sagen, aber lassen wir das mal.

Hotels dagegen müssen Bären in ihren Handtüchern führen, wollen sie ein Bärenhotel sein, das mit Recht zum Bären heißt. Das heißt ja nichts anderes, als daß alles zum Bären hinführen muß und den Gast niemals das Gefühl verläßt, wo er eigentlich ist. Er ist nämlich dort, wo auch Butter, Kekse und Seifen in Bärenform vorkommen und selbst der ausgestopfte Kuckuck im Grunde seines Herzens ein Bär ist.

Wo kein Bär wäre, wäre Feindesland, auf jeden Fall hörten der Bär und der Spaß da auf, wo kein Bär mehr auf dem Fußabtreter wäre. Natürlich kann ein Bär auch ein Hirsch sein, im Falle von Hotels zum Hirschen, aber da hört der Spaß dann eben da auf, wo der Hirsch endet.

Es ist eigentlich ungemein tröstlich zu wissen, daß man dazugehört, allein, weil überall der Bär ist. Und wenn es auch nur ein paar Tage dauert, so fährt man doch beschwingt und angeregt nach Hause, wo ja wieder keine Bären sind und man die Zugehörigkeit zu etwas wieder selber herstellen muß. Das ist mühsam genug und wird von manchen Menschen dahingehend gelöst, daß sie Hasen sammeln und ähnliches Zugehörigkeitsbehör. Einfacher ist natürlich, die Zugehörigkeit ist schon da in Form von Auslegeware, die von Bären handelt.

Vermutlich möchte man aber zu Hause gar keine Butter in Bärenform haben, um zu wissen, daß man ist, wo man ist. So was geht wohl doch nur in Bärenhotels, wo es eine Rezeption hat, die Bärenschlüssel ausgeben kann und den Chip für den Schuhputzautomat, der komischerweise kein Bär ist. Der Kellner ist wieder einer, aber das sieht wieder keiner. Das Bedürfnis, sich dingfest zu machen, kennzeichnet selbstverständlich nicht nur Bärenhotels. Falsche Gäste, also Gäste, die keine typischen Bärenhotelgäste sind, trifft man in Bärenhotels auch dementsprechend selten. Ein typischer falscher Gast wäre zum Beispiel einer, der auch mal fünfe gerade sein läßt oder Bären Hirsche. Einer eben, der gar nicht dauernd dazugehören will, schon gar nicht zu Gästeseifen. Aber, wie gesagt, in Bärenhotels geht so was nicht.

Zugespitzt könnte man auch behaupten: glücklich der, der seinen Bär im Leben gefunden hat. Andere suchen ihr halbes Leben nach einem Emblem, das alles beinhaltet, die Persönlichkeit im Dekorativen verdichtet und das Ich derart umgibt, daß es nicht mehr umfallen kann. Das muß natürlich kein Bär sein, kann aber.