Schwule Ehe

■ betr.: „Der homosexuelle Mann ...“, taz vom 21. 2. 95

Ich kann es langsam nicht mehr hören, dieses Lied von den guten – weil schrillen, promisken oder ledigen – und den bösen Schwulen, die sich an die Gesellschaft anpassen, weil sie eben nicht so bunt sind wie die anderen. Und mittendrin immer wieder wir als heiratswütige Schwule. [...]

Ist die schwule Ehe nun etwa der Untergang des schwulen Abendlandes? Werden wir weniger bunt, weniger promisk, nur weil wir Rechte für unsere Partnerschaften fordern, die Heteros selbstverständlich in Anspruch nehmen? Wenn's so einfach geht, war da wohl nicht viel dran am „anderen“ Lebensgefühl.

Das für uns beide faszinierende ist, daß wir gerade von der schwulen Gemeinde her oft als biederer und braver wahrgenommen werden, als wir sind. Die Schere im Kopf sitzt hier also vielleicht nicht nur bei den Heteros, sondern vor allem bei denen, die selber immer wieder Klischees aufsitzen (oder – wie hier – unterstützen), darüber, wie Schwule denn nun zu sein haben. [...] Wenn wir unser Coming Out gehabt haben, dann gerade deshalb, weil wir für uns selber entschieden haben und weiterhin entscheiden wollen, wie unser Leben und unsere Beziehung aussehen soll und nicht, weil wir Elmar Kraushaar als schwulen Knigge- Ersatz dazu brauchen. [...] Axel Blumenthal,

Andreas Tittl, Isernhagen