■ Die SPD-Länder im Kampf für die Konzentrationskontrolle
: Letzte Chance gegen Leo Kirch

Ein (laut)starker Gegner macht einig. Ohne das Stoiber-Biedenkopf-Papier, das die ARD abschaffen wollte, hätte es die SPD nicht geschafft. Zumindest wäre sie nicht so zügig zu einer einheitlichen Position zur Konzentrationskontrolle bei den privaten Fernsehsendern gekommen. Selbst das Menetekel Berlusconi, der die Medien für seinen eigenen Wahlkampf monopolisierte, hatte nicht geholfen, die Gegensätze in der SPD zu versöhnen – zwischen den aufrechten Anti-Kirch-Kämpfern und jenen Wirtschaftspolitikern in den Ländern, die um ihre Medienstandorte München und Köln besorgt sind. Und um ein Haar hätte sich Johannes Raus Euphemismus von den beiden legitimen „Senderfamilien“, sprich Bertelsmann und Kirch, bei der SPD auch durchgesetzt.

Doch mittlerweile hat sich der Wind gedreht. Wenn schon der medienpolitische Sprecher der CDU-Bundespartei, Bernd Neumann, den Medienanstalten „kartellamtsähnliche Befugnisse“ geben will, dann ist die Union, dann ist Kirch in der Defensive. Daß die Medienanstalten dem geplanten Thomas-Kirch-Sender Kabel Plus eine Lizenz verweigerten, ist dafür ein weiteres Indiz.

Trotzdem: Es hat lange gebraucht, bis sich die sozialdemokratisch regierte Ländermehrheit, medienpolitisch bislang wenig engagiert, aufgerafft hat. Immer noch ist das Thema Medien Stiefkind in den Parteien, jenseits der Schaufensterreden wird die Politik von Lobbyisten gemacht. Und wo, wie bei den Grünen, keine vorhanden sind, da gibt es außer Presseerklärungen bislang auch keine Medienpolitik.

Es bräuchte heute keine „Springer-Mörder!“-Rufe mehr, um auf die Gefahren der Zusammenballung von Meinungsmacht aufmerksam zu machen. Doch die Öffentlichkeit reagiert immer noch auffällig apathisch auf die alarmierende Tatsache, daß die Kirch- Familie, politisch mit der Union liiert, nicht nur mehrere Fernsehsender, sondern seit letztem Jahr auch den Springer-Konzern beherrscht. Wo Filme gebraucht werden, läuft ohne Kirch ohnehin nichts mehr. Den Pay-Sender „premiere“ macht er mit Bertelsmann gemeinsam, andere europäische Sender teilt er sich mit Berlusconi, und Amerikaner wie Time- Warner kann er vom deutschen Fernsehmarkt fernhalten: Er besitzt schließlich die deutschen Rechte an ihren Filmen. Das Schlagwort heißt daher auch nicht „Berlusconisierung“. Es ist die europaweite Verflechtung weniger Medienzaren untereinander, die den Markt der neuen (und anschließend auch der alten) Medien unter sich aufteilen werden. Der Rundfunkstaatsvertrag, um den jetzt gestritten wird, ist die letzte Chance, das alles zu entwirren. Michael Rediske