Kleider machen Leute

■ "Hauptmann von Hellersdorf": Ein Sturzbetrunkener stahl Teile einer Polizeiuniform und spazierte nach Hause / Wurde die Dienstkrawatte durch Beschnarchung entehrt?

Als Hans-Günther S. aus Hellersdorf am Dienstag abend auf der Wache des Polizeiabschnittes 71 in Hellersdorf aufkreuzte, hatte er mächtig einen sitzen. Er wollte sich bei den Polizisten darüber beschweren, daß sein Sohn zusammengeschlagen worden sei. Die Beamten nahmen den Lallenden nicht ernst und schickten ihn nach Hause. Grund für den Fünzigjährigen, sich Respekt auf ganz eigene Weise zu verschaffen. Er bummelte durch die Wache und guckte ein bißchen in die Zimmer. Im ersten Stock knackte er einen Garderobenschrank und fand fast alles, was zu einem richtigen Polizisten gehört. Er zog sich Polizeihosen, eine Lederjacke und eine Dienstmütze auf, band sich die Krawatte um und steckte sich einen Schlagstock und Handfesseln ein. In dieser Montur marschierte er nach Hause zu seiner Frau Angelika, der er stolz erzählte, daß man ihn auf der Wache gar nicht angehalten habe. „Die haben gar nicht gemerkt, daß ich bloß verkleidet war!“ soll er seiner Frau voller Stolz erzählt haben.

Eine Pistole sowie ein dazugehöriges Magazin habe der Mann allerdings definitiv nicht entwendet, erklärte der Leiter des polizeilichen Lagedienstes, Manfred Hauf, gegenüber der taz. Lediglich ein Schlagstock sei dem Angetrunkenen in die Hände gefallen. Wie immer wenn es einem Täter gelingt, ein Dienstmützchen zu entwenden, war Hans-Günther S. sogleich zum „Hauptmann von Hellersdorf“ hochstilisiert worden. Dabei verlief der Rest der Angelegenheit ziemlich unspektakulär. Seine erschrockene Frau rief sofort bei der Polizei an.

„Wenn sie die Uniform heute noch vorbeibringen, vergessen wir die Sache“, sollen die Beamten vom Polizeiabschnitt 71 gesagt haben. Doch dazu soll der Alkoholisierte nicht mehr gekommen sein. Als die Beamten zwecks Sicherstellung des Polizeieigentums in der Wohnung von Hans-Günther S. eingetroffen seien, habe dieser bereits auf der grünen Krawatte geschnarcht. Den Rest der Klamotten soll der Dieb respektlos ins Gestrüpp beim Haus geworfen haben.

Dem Einsatzleiter der vom Uniformklau betroffenen Wache ist die Sache offensichtlich zu peinlich. Er verweigert inzwischen jeglichen Kommentar. Frau Gedaschke, Sprecherin der Polizei- Pressestelle: „Der Mann ist nicht in der Uniform durch die Wachräume gelaufen, sondern mit den gestohlenen Uniformteilen lediglich durch das Treppenhaus an der Wache vorbei.“ Nur die derzeitigen Bauarbeiten im Gebäude hätten es Hans-Günther S. ermöglicht, die Uniform zu klauen und durch Beschnarchung zu entehren. Peter Lerch