Coca gegen Pupsi

■ Vor fünf Jahren rollte der erste Coca-Cola-Laster gen Osten / Aus Mitarbeitern des VEB Margon sind inzwischen "Area-Leiter" geworden, und die feierten gestern ihren "Kick off"

Wir schreiben das Jahr 1990. Wolfgang Zimmermann erhält ein wichtiges Telex vom DDR-Außenhandelsbetrieb Nahrung und Genuß. Als Vertreter des VEB Margon macht er sich von Dresden auf den Weg nach Berlin, um erste Kontakte mit Coca-Cola zu knüpfen. „Ich wußte gar nicht, wie die Tür vom Mercedes aufgeht“, gesteht der Ex-Barkas-Fahrer. Auch das Essen im Grand Hotel war ein „völlig neues Gefühl“. Wäre da nicht das Telex, das groß an die Wand projiziert ist, man würde Zimmermann kaum glauben, daß er aus dem Tal der Ahnungslosen kommt. Als er dann noch von dem blauen Konkurrenten „Pupsi“ spricht, ist es wie in Billy Wilders Film „Eins, zwei, drei“: Zimmermann ist wie Horst Buchholz, der Jungkommunist aus dem Ostsektor, kapitalistisch „umgearbeitet“ wie ein Maßanzug.

Anfangsprobleme ganz anderer Art hatte sein Kollege aus Rostock, ebenfalls ein Mann der ersten Stunde bei Coca-Cola Ost. Er räumt freimütig ein, Logik mit Logistik verwechselt zu haben. Aber so wie Zimmermann jetzt Mercedestüren im Schlaf öffnet, kommen dem ehemaligen Getränkekombinatler Begriffe wie „Dispatching“ und „Merchandising“ leicht über die Lippen. Auch für ihn gibt es ein ganz persönliches Dia: die Zigarettenschachtel F 6, auf der er 1990 in Lübeck die Nummer einer Getränkeniederlassung notierte, mit der alles begann. Der kapitalistische Wilder-Maßanzug sitzt dem Rostocker aber noch nicht ganz. Mit Blick auf die F 6 wird er abtrünnig: „Eine gute Marke, kann ich nur empfehlen.“

Die Coca-Cola Erfrischungsgetränke Gesellschaft (CCEG), eigens für das Ostgeschäft vor fünf Jahren gegründet, ließ gestern im ehemaligen Wasserwerk in Tiergarten ihre Vorzeigeossis hochleben. Der Anlaß: Gestern vor fünf Jahren rollte der erste Laster mit dem Getränk, das für „grenzenlose Erfrischung“ sorgt, nach Ostberlin. Seitdem sorgen ehemalige Club- Cola-Konsumenten dafür, daß „Coca-Cola zum Leben einfach dazugehört“, freut sich die Firmenleitung. Um das english know-how ihrer angereisten „Area-Leiter“ zu vertiefen, nannte sich die Party dann auch ganz fetzig „Kick off“.

In Berlin wurde im letzten Jahr mehr Coca-Cola getrunken als in ganz Dänemark, freut sich CCEG- Präsident Ronald Biegs. Daß die Tochtergesellschaft aus Atlanta ein Herz für den Osten hat, beweist die Tatsache, daß für die Spätzügler, die beim Kistenkauf immer noch zurückhaltend sind, eigens 4er-Multipacks entwickelt wurden. Daß ab heute einige Produkte um 2,5 Prozent teurer werden, erwähnt Biegs nur am Rande. Und die gute alte Club Cola? „Wir werden alle Anstrengungen unternehmen, daß die Konsumenten zur Original-Cola greifen“, verkündet ein Pressesprecher. Barbara Bollwahn