Popanz und Popel

■ Die Regierung will Heym-Rede weiter nicht im offiziellen Bulletin drucken

Bonn (dpa/taz) – Die Bundesregierung bleibt stilsicher: Nach wie vor beharrt sie kleinlich darauf, die Rede des Alterspräsidenten im Bundestag, Stefan Heym, nicht im regierungsamtlichen Bulletin zu veröffentlichen. Der für die PDS im Parlament sitzende Schriftsteller hatte am 10. November 1994 die konstituierende Sitzung des neuen Bundestags im Berliner Reichstag mit einer Ansprache eröffnet, ohne daß diese – wie üblich – anschließend seitens der Regierung veröffentlicht wurde.

In einer Aussprache am Donnerstag abend im Bundestag griffen die Oppositionsparteien das Verhalten der Regierung scharf an. Für Bündnis 90/Die Grünen, die den Antrag auf nachträgliche Veröffentlichung gestellt hatten, sagte die Abgeordnete Simone Probst, die Regierung verstecke sich hinter „formaler Diskriminierung“. Der SPD-Abgeordnete Freimut Duve würdigte die Person Heyms, der die „deutsche Geschichte in ihren Brechungen“ erlebt habe, und warf der Regierung Stillosigkeit und mangelnde Gelassenheit vor. Für die PDS betonte der Schriftsteller Gerhard Zwerenz, der Vorgang bestätige ihn in seiner „radikalen Oppositionsrolle“. Die Ausgrenzung von Heym sei „beschämend“.

Kanzleramtsminister Friedrich Bohl (CDU) dagegen sprach von einem „Popanz der Ausgrenzung“. Es sei der Regierung überlassen, was sie veröffentliche. Der FDP- Abgeordnete Jörg van Essen nannte die Debatte überflüssig. Der Grünen-Antrag wurde in die Ausschüsse überwiesen.