Energiewende: Sonne und Wind statt Kohle

■ AG „Ökologische Wirtschaftspolitik“ will bis 2010 aus der Steinkohle aussteigen

Bochum (taz) – Sie wollen Schritt für Schritt weg von der deutschen Steinkohle. Spätestens im Jahr 2010 soll endgültig Schluß sein. Ein „Gleitflug“ in eine neue Energiewelt, ersonnen von der „Arbeitsgruppe Ökologische Wirtschaftspolitik“, die das Ausstiegskonzept gestern in Bonn vorstellte. Die Autoren, Eckhard Stratmann-Mertens, einst für die Grünen im Bundestag, und Joachim Borner, Sprecher der ökologisch orientierten Wissenschaftlergruppe, hoffen auf eine „sachliche und unaufgeregte“ Diskussion. Reichlich Zündstoff birgt der Plan gerade deshalb, weil ohne politische Rücksichten Klartext geredet wird. Die Grundsatzentscheidung muß nach Meinung der Verfasser jetzt fallen, um allen Beteiligten „eine klare Orientierung für die notwendigen Zukunftsplanungen“ zu verschaffen. Allein das biete die Chance, den Strukturwandel „regional- und sozialverträglich“ zu gestalten.

Das Konzept unterstellt, daß sich die Preisunterschiede zwischen importierter und heimischer Steinkohle – 1993: 214 Mark je Tonne – in den nächsten 15 Jahren kaum ändern werden. Die gesamten Kohlefinanzhilfen beziffern die Autoren für 1993 auf 12.974 Millionen Mark. Bis zum Jahr 2000 erwartet Stratmann-Mertens bei Fortsetzung der bisherigen Politik „Kohlehilfen von deutlich über 11 Milliarden Mark pro Jahr“ – bei knapp 100.000 Beschäftigten. Sein Plan sieht vor, diese Summe bis 2000 jährlich um eine halbe Milliarde zu senken und das gesparte Geld zur Förderung von regenerativen Energien und Energiesparen einzusetzen. In der zweiten Fünfjahresperiode soll die Steinkohlesubvention auf 4,5 Milliarden sinken, begleitet von der Subventionsausweitung für die „Energiewende“ auf jährlich 3,5 Milliarden Mark. Von 2005 bis 2010 sollen dann beide Subventionen auslaufen. Folgte man diesem Konzept, summierte sich die Steinkohlesubvention bis zum Jahr 2010 auf 93,5 Milliarden; in die alternative Investitionsförderung flössen etwa 33 Milliarden Mark. So könne ein „großer Teil der im Bergbau wegfallenden Arbeitsplätze ausgeglichen werden“.

Es sieht ganz so aus, daß die nordrhein-westfälischen Grünen dieses Konzept – vielleicht mit längeren Fristen – in ihr Wahlprogramm übernehmen. Von einer „langfristigen Auslaufphase“ des Steinkohlenbergbaus spricht inzwischen der energiepolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Manfred Busch. Die SPD ziert sich noch, aber immer mehr Genossen sind entschlossen, zu Lasten des Steinkohlenbergbaus mehr Geld in Alternativenergien zu stecken. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) verfolgt diese Strategie. Scharfer Gegenwind kommt von der Gewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE). Für den kommenden Samstag hat die IGBE 200 Betriebsräte und Vertrauensleute zusammengerufen. Die Gewerkschaft will, nach den Worten ihres Pressesprechers Norbert Römer, ihre „Zurückhaltung aufgeben und den Kampf um die Kohle offensiv aufnehmen“. Walter Jakobs