Tausende Rentner freuten sich zu früh

■ Datenschutz machte es möglich: Rentner erhielten zuviel Geld / Jetzt müssen die Betroffenen Krankenkassenbeiträge zurückerstatten / Millionenloch bei der BfA

Berlin (taz) – Sie müssen es eigentlich gemerkt haben, aber gemeldet hat sich keiner: Tausende von Rentnern bekamen in den vergangenen Jahren mehr Rente, als ihnen eigentlich zustand. Die Rentenversicherungsträger zogen den Ruheständlern irrtümlich keine Krankenversicherungsbeiträge ab, obwohl die Rentner bei ihrer örtlichen Kasse als Pflichtversicherte geführt wurden. Jetzt müssen die Betroffenen teilweise Tausende von Mark nachzahlen.

Der Sprecher der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), Winfried Harms, bestätigte gestern gegenüber der taz eine entsprechende Meldung der Westdeutschen Zeitung. Im Bereich der BfA seien bei einer Überprüfung im vergangenen Jahr mehr als 8.000 Fälle bekannt geworden. Bezogen auf eine Durchschnittsrente ergebe sich ein Fehlbetrag von etwa 4.000 Mark pro Fall. Den im Zeitungsbericht gemeldeten Gesamtfehlbetrag in Höhe von 270 Millionen Mark wollte Harms allerdings nicht bestätigen.

„Die Schuld liegt bei allen Beteiligten“, meinte der BfA-Sprecher. Im Jahre 1983 wurde die Beitragspflicht für Rentner eingeführt. Damals wurden alle Rentner aufgefordert, ihren Status als Versicherte dem zuständigen Träger zu melden. In manchen Fällen hätten die Betroffenen sich zwar beim Rentenversicherungsträger als pflichtversichert gemeldet, dies sei aber nicht korrekt weiterbearbeitet worden. In anderen Fällen wiederum sollen die Rentner einfach gar nicht geantwortet haben und damit automatisch als nicht Pflichtversicherte geführt worden sein.

Die Folge: Für Rentner, die beim zuständigen Rentenversicherungsträger nicht als pflichtversichert gemeldet waren, wurde der Krankenkassenbeitrag zusammen mit der Rente automatisch überwiesen und erhöhte damit das monatliche Einkommen. „Die Überzahlungen waren möglich, weil es zwischen Krankenversicherungen und Rentenversicherungsträgern bis vor kurzem keinen individuellen Datenabgleich gab“, erklärte Günter Albrecht, Sprecher des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger (VDR).

Der Schwindel flog erst auf, als aufgrund des Gesundheitsstrukturgesetzes im vergangenen Jahr erstmalig die individuellen Daten zwischen Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern abgeglichen wurden. Die BfA hat jetzt entsprechende Rückforderungsbescheide verschickt, darunter in einem Fall auch eine Nachzahlungsforderung in Höhe von 12.000 Mark. Die Rentenversicherungsträger können allerdings nur die seit 1990 überzahlten Beträge zurückfordern, denn nach vier Jahren sind diese Überzahlungen verjährt. Barbara Dribbusch