Wenn Polizei-Beschaffer beschaffen ...

In fünf Bundesländern wird gegen Polizisten wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt / Sechsstellige Schmiergeldzahlungen an Beschaffer / Firma „Sitek“ kassiert Aufträge  ■ Von Julia Albrecht

Berlin (taz) – In der Bundesrepublik gibt es rund 220.000 Polizisten. Sie alle brauchen Schlagstöcke, Schilde, Panzerwesten und anderes Zubehör für ihre sogenannte Sicherheitsausrüstung. Und es gibt Anbieter, wie die Niedersächsische Firma „Sitek“, die ihre Ware gerne an den Mann bringen möchte. Jetzt stehen für die Beschaffung zuständige Polizisten unter Verdacht, der Firma gegen Bestechungsgeld Aufträge zugeschanzt zu haben.

So der bisherige Ermittlungsstand, aufgrund dessen bereits mehrere Polizeibeamte in Untersuchungshaft sitzen. Unter anderen hat ein Hauptkommissar in Düsseldorf zugegeben, daß die Firma „Sitek“ rund 500.000 Mark auf seine Privatkonten überwiesen hat. Den Vorwurf der Bestechlichkeit weist er allerdings zurück, (der würde ihm Haft bis zu fünf Jahren einbringen). Er will nur wegen Vorteilsannahme (Haft bis zu zwei Jahren) zur Rechenschaft gezogen werden. Der Hauptkommissar behauptet, die Auftragsvergabe selbst ganz redlich und entsprechend der geltenden Richtlinien abgewickelt zu haben. Danach muß der Auftrag ausgeschrieben werden und dann an die Firma vergeben werden, die das billigste Angebot gemacht hat. Auch habe er, so der Hauptkommissar, weder zuviel, noch unbrauchbares Material bestellt.

„Ich glaube nicht, daß Sitek der billigste Anbieter war“, sagt der Sprecher der „Bundesarbeitsgemeinschaft der Kritischen Polizisten“, Winfried Holzinger. Bei einer Summe von 500.000 Mark, so der Polizeibeamte, sei es schlecht vorstellbar, daß die Auftragsvergabe nach den geltenden Kriterien vonstatten ging. Auch sei es juristisches Geplänkel, ob man von Vorteilsannahme oder von Bestechlichkeit spreche. Fest stünde, daß es ein hausgemachter „Skandal“ sei.

Ein anderer Polizeibeamter wurde in Schwerin (Mecklenburg- Vorpommern) wegen des gleichen Vorwurfs in Untersuchungshaft genommen. Auch er habe eingeräumt, so der ermittelnde Oberstaatsanwalt, Ernst Jäger, daß er eine fünfstellige Summe von „Sitek“ entgegengenommen habe. Der Verdacht auf den Schweriner Beamten kam in der Folge der Düsseldorfer Ermittlungen auf. Auch in Schleswig-Holstein und Baden-Würtemberg, in Berlin und Hamburg laufen entsprechende Ermittlungen.

Sämtliche Beamte, gegen die Untersuchungen durchgeführt werden, saßen an sogenannten „Schaltstellten“ ihrer Behörde, an denen sie kaum eine Überwachung zu befürchten hatten. Sie waren allein verantwortlich für die Bestellung von Materialien, deren Summen in die Millionen gingen. Die Frage sei, so der kritische Polizist Holzinger, wie man solche Vorfälle in Zukunft verhindert. „Es hat sich herausgestellt, daß die Polizei sich in nichts von anderen Verwaltungsbehörden unterscheidet."

Ebenso wie zum Beispiel die Baubehörden, sei die Anfälligkeit für Bestechlichkeit dort besonders groß, wo es um die Vergabe von Aufträgen gehe. „Vielleicht“, so Holzinger, „sei es zuviel verlangt, daß die Landesparlamente die Vergabe solcher Aufträge absegnen. Aber auf jeden Fall müßten solche Positionen besser kontrolliert werden.“