Behinderten droht der Absturz in die Sonderschule

■ Integrations-Gesamtschule in Schöneberg scheitert bisher an fehlenden Räumen

Grünes Licht von der Senatsschulverwaltung, guter Wille bei der Schöneberger Bezirksstadträtin – einer weiteren Schöneberger Gesamtschule steht eigentlich nichts mehr im Wege. Gäbe es da nicht die finanziellen und räumlichen Bandagen der Bezirksverwaltung. „Ich habe keine Räume, keinen Platz und kein Geld für Neubauten, klagt die Schöneberger Volksbildungsstadträtin Karla Werkentin (Bündnis 90/Die Grünen).

Was da zu scheitern droht, ist das Projekt einer Integrations-Gesamtschule. Zankapfel und Objekt der Begierde ist das Gebäude am Barbarossaplatz 5: derzeit Domizil der Schöneberger Volkshochschule (VHS) und der Barbarossa- Grundschule. Als die Integrations- Grundschule im Jahre 1989 – zu Zeiten der rot-grünen Regierung – gegründet wurde, hatte niemand darüber nachgedacht, wie es in sechs Jahren weitergehen soll. Für das nächste Schuljahr droht jetzt den behinderten Kindern, die dort sechs Jahre in Grundschulklassen integriert waren, der „Absturz“ in die Sonderschule.

Sechs Jahre Integration „für die Katz“?

Denn im kommenden Schuljahr müssen sich die Kinder, behinderte und nichtbehinderte, für weiterführende Schulen, Haupt-, Gesamt-, Realschule oder Gymnasium entscheiden. „Wir wollen, daß die Kinder zusammenbleiben. Wenn es keine Lösung gibt, waren sechs Jahre Integration für die Katz“, beschreibt Karin Lange von der Elterninitiative die Lage.

Da es bisher in Schöneberg nur eine einzige Gesamtschule gibt, fordert die Initiative eine zweite: Diese soll, so der Wunsch der Eltern, eng an die Barbarossa- Grundschule gebunden sein, damit die Klassenverbände erhalten bleiben. Für behinderte Kinder sei dies ein äußerst wichtiger Bezugsrahmen. Man könne ein geistig- oder lernbehindertes Kind nicht „so mir nichts, dir nichts“ in eine neue Klasse verpflanzen, stellt Karin Lange fest. Außerdem bestehe ab dem nächsten Schuljahr ein großer Bedarf an weiterführenden Integrationsschulen.

Die Bestrebungen, Sonderschulen zu reduzieren und die gemeinsame Erziehung behinderter und nichtbehinderter Kinder in Grundschulen auszubauen – damals vom rot-grünen Senat auf den Weg gebracht –, stoßen jetzt an Grenzen. „Wir stehen vor dem Offenbarungseid“, bestätigt Stadträtin Werkentin die Misere. „Im nächsten Schuljahr müssen wir in Schöneberg etwa 44 behinderte Kinder unterbringen.“ Eine komplette integrative Gesamtschule sei für die Kinder sicherlich die optimale Lösung. Doch vom Bezirk allein sei dies nicht zu leisten.

Das Gebäude am Barbarossaplatz 5, das damals eigens für die Volkshochschule renoviert worden ist, sei für die geplante Gesamtschule einfach viel zu klein. Ein „Umtopfen“ der Volkshochschule sei auch politisch nicht gewollt. Im Schöneberger Bezirksamt gebe es dafür keine Mehrheiten. Ganz abgesehen davon sehen auch Oberschulrat Ingo Marx und seine Kollegin Evelin Terzioglu von der Senatsschulverwaltung kaum eine Chance, am Barbarossaplatz 5 sowohl die Grundschule als auch eine Gesamtschule unterzubringen.

Bleibt als einzige Möglichkeit eine überbezirkliche Zusammenarbeit. Jetzt richtet sich der Blick auf die erste Wilmersdorfer Gesamtschule, die schon lange einen Neubau plant. Dieser werde aber immer wieder verzögert, moniert Karla Werkentin. Dabei könnte man sich hier „dranhängen“ und die Gesamtschule behindertengerecht als Integrationsschule ausbauen. Hier wäre dann auch für die Schöneberger Kinder noch genug Platz. Michaela Eck