Tschechisches Dorf will Unliebsame fernhalten

■ Gemeinde erläßt illegale Vorschriften

Květnice (taz) – Das Gemeindehaus im mittelböhmischen Květnice hat etwa die Größe eines Hexenhauses. An der strahlendweißen Außenfassade klebt das blaurote Dorfwappen. Das akkurat angelegte Beet vor der Eingangstür ist frisch geharkt. Überhaupt präsentiert sich Květnice mit seinen kleinen Fischteichen wie kurz vor dem Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“. Damit der „Friede und die Ordnung“ in dem lauschigen 300-Seelen-Idyll unweit der Hauptstadt Prag nicht gestört werden, hecken die Gemeindeväter einmal wöchentlich ortseigene Vorschriften aus. Doch mit der jüngsten dieser Verordnungen, dem „Zuzugsverbot für kriminelle Elemente“, haben sie nun das Gegenteil erreicht: Es gibt Ärger.

Bekanntgeworden war die neue Bestimmung durch einen Zufall. Jaromir Raček, seit 14 Jahren Besitzer eines Eigenheims in Květnice, aber nie dort gemeldet, wollte diese Formalität nachholen. Für die Anmeldung verlangte der Bürgermeister jedoch einen Auszug aus dem Strafregister. Er müsse vorweisen, daß er eine reine Weste habe. „Kommt gar nicht in Frage“, sagte Raček, der von 1989 bis 1991 selbst als Bürgermeister in Květnice waltete.

Öffentlich äußern will sich zu der neuen Verordnung freilich keiner der Dorfbewohner. Auskunftsberechtigt sei allein der Bürgermeister, heißt es. Doch dieser arbeitet hauptberuflich als Schlosser und ist auch sonst sehr beschäftigt. Die Nummer seines Funktelefons ist geheim.

„Das Ziel dieser Verordnung ist, daß wir hier keine kriminellen Elemente haben wollen“, hatte das Gemeindemitglied Josef Resnizek nach Bekanntwerden der neuen Bestimmung gegenüber der Zeitung Mlada fronta dnes gesagt. Die Bürger hätten die Vorschrift „herzhaft angenommen“, niemand sei „überrascht“, niemand sei „dagegen“, niemand dulde Menschen, die mit dem Gesetz in Konflikt stünden. Daß das Ganze gegen geltendes tschechisches Recht verstößt, scheint die Dorfbewohner nicht zu stören.

Personalausweis und Mietvertrag reichen in den Gemeinden der Republik zur Anmeldung aus. Zwar haben sie die Möglichkeit, eigene Vorschriften zu erlassen, diese müssen jedoch vom Bezirksamt genehmigt werden. Beim zuständigen Bezirksamt Prag-Ost hat Květnice diese Verordnung jedoch nie angemeldet. „Nicht alle Gemeinden respektieren das Gesetz und senden uns ihre eigenen Erlasse“, sagt die Angestellte Olga Řebitzková. So ist oft gar nicht bekannt, was in den einzelnen Dörfern passiert. „Wenn es so einen Erlaß in Květnice gibt“, fügt Řebitzková hinzu, werden wir alles tun, damit die Gemeinde wieder davon abläßt.“ Tomas Niederberghaus