Bauchlandung für die Bundesanwaltschaft

■ Norwegen will Mogadischu-Attentäterin nicht ausliefern / Soraya Ansari soll aus humanitären Gründen bleiben

Oslo (taz) – Die palästinensische Luftpiratin Soraya Ansari wird nicht an Deutschland ausgeliefert. Ein norwegisches Untersuchungsgericht hat gestern das Auslieferungsbegehren des Karlsruher Generalbundesanwalts für Souhaila Sami Andrawes alias Soraya Ansari abgelehnt. Das Gericht in Oslo begründete seine Entscheidung mit „erheblichen humanitären Hindernissen“ die laut norwegischem Auslieferungsgesetz eine Abschiebung verbieten. Die Entscheidung hat zur Folge, daß Andrawes aus der Untersuchungshaft, in der sie seit letztem September sitzt, entlassen wird.

In der zweitägigen Verhandlung hatte Professor Kjell Noreik, medizinischer Sachverständiger des Gerichts, ein Gutachten vorgelegt, wonach Andrawes zwar nicht akut suizidgefährdet sei, aber „in einem Grenzzustand“ lebe und „eine akute Gefährdung jederzeit auftreten kann“.

Ähnlich äußerte sich auch der Anstaltsarzt des Untersuchungsgefängnisses, in dem Andrawes seit Ende Oktober inhaftiert war: „Sie hat die Hoffnung verloren, ich glaube sie kann sich in suizidale Richtung entwickeln.“ Professor Noreik hatte auch die ständigen psychosomatischen Schmerzen von Souhaila Andrawes hervorgehoben, die sie hat, seitdem GSG-9- Beamte 1977 beim Sturm auf die entführte Maschine auf sie schossen. Diese Schmerzen würden durch einen längeren Haftaufenthalt verschlimmert werden.

Heidi Bache-Wiig, Rechtsanwältin von Souhaila Andrawes, hatte in der Verhandlung besonderes Gewicht auf Andrawes' mittlerweile dreijährigen Aufenthalt in Norwegen gelegt. Auch drohten ihrer zehnjährigen Tochter im Falle einer Abschiebung der Mutter zahlreiche Probleme. Souhaila Andrawes selbst äußerte sich in einer persönlichen Erklärung vor Gericht, in deren Verlauf sie mehrmals körperlich zusammenbrach. Sie fürchtete, einen Haftaufenthalt in Deutschland nicht zu überleben: „Entweder werde ich hingerichtet oder ich sterbe auf andere Art und Weise. Ich glaube, man wird mich dort töten. Irgendwie werde ich dort umkommen.“

In der norwegischen Öffentlichkeit waren die Meinungen zur Auslieferung Andrawes‘ tief gespalten. Einerseits wurde argumentiert, es müsse auch 17 Jahre nach der Tat ein klares Signal gegen Terror und Flugzeugentführung gesetzt werden. Andererseits wurden Bezüge zum zeitlichen Zusammentreffen der drohenden Bestrafung der „Soldatin“ Andrawes mit der heutigen Verleihung des Friedensnobelpreises an „ihren General“, den PLO-Chef Jassir Arafat hergestellt. Arafats Ehefrau Suha bereitete den norwegischen Behörden gestern zusätzliche Kopfschmerzen: Sie äußerte den Wunsch, am Rande der Zeremonie mit Frau Andrawes zusammenzutreffen. Reinhard Wolff