Preußisch-penibel

■ betr.: „Das größte Opfer müssen die Opfer bringen“, taz vom 28.11.94

Den Opfern erneute Opfer zu empfehlen ist doch einigermaßen dreist von Herrn Bahr. Sein Schlußstrichgesetz spricht die Sprache des kalten Zynismus. Hauptargument: Die Täter gehen überall sowieso straffrei aus. Kürzlich ging eine weltweite amnesty- Kampagne zu Ende, die genau andersrum gezielt war: Die Täter zur Rechenschaft ziehen! Nicht „Berge von Leichen und Berge von Akten“ sind zu vergleichen, sondern in das Leben Zehntausender Ostdeutscher wurde nach preußisch-peniblem Stasi-System eingegriffen und zersetzt. Das Gift, gebraut von den ehemals Herrschenden, befindet sich längst in Deutschland.

Die Akten machen es erst sichtbar. Vertrauensbrüche vom V-Mann oder dem „kleinen IM“ werden ganz ähnlich empfunden. Verständlich ist, wenn Herrn Bahr das Lebensgefühl der spießigen SED-Elite nun nähersteht als das unbequemer Andersdenkender. Ist die klare Sprache mancher Stasi-Akten doch schwer zu schlucken für einen, der aufs falsche Pferd gesetzt hat. Er hinke nun von dannen! Roland Brauckmann,

Hoyerswerda