Bremer Liberale für starken Staat?

■ Jäger auf Profilsuche / FDP im Gespräch mit ihren Mitgliedern

Den Liberalen geht's gar nicht gut. Aus 9 von 16 Landtagen sind sie rausgeflogen, zum Bundestag hat's auch nur knapp gereicht. Mehr als genug Anlaß also für Gespräche über das „Wohin“ der Kleinpartei. Am Mittwoch hatte die Bremer FDP deshalb zu einer „öffentlichen Mitgliederversammlung“ geladen, die als Auftakt für ein „Liberales Forum“ galt. Lieber „im Gespräch“ als „im Gerede“, fand Adamietz.

Rund 50 Mitglieder und Interessierte waren gekommen, um zunächst den Thesen von Wirtschaftssenator Claus Jäger zu lauschen. Und der hatte sich vorbereitet: „Der Bürger muß vor der Ohnmacht des Staates geschützt werden.“ Unter diesem Motto forderte Jäger schärfere Verbrechensbekämpfung unter Einschluß des Lauschangriffes: „Wie kann man da von Angriff reden?“ In diesem Zuge müsse auch die Pressefreiheit eingeschränkt werden, um „den Bürger“ vor „den Medien“ zu schützen: „Das ist ein brennendes Problem – da muß man doch was machen!“ Ein weiterer Dorn in Jägers Auge sind Runde Tische. Solche „grauen Gremien“ behinderten „durch überzogene Verbandsinteressen“ die „Vorhaben der Unternehmer“.

Gegen Jägers Thesen, kaum getarnte Absage an eine Ampel-Fortsetzung, gab es keinen deutlichen Widerspruch. Nur einige Anwesende erinnerten sich, daß in der sozialliberalen Zeit nicht alles schlecht war. „Der einseitige Wirtschaftsliberalismus ist ein Fehler. Wir müssen die sozialen Themen wieder beachten“, meinte ein Mitglied. Claus Wolff-Pfisterer, stellvertretender Landesvorsitzender, regte gar an: „In der Politik muß man experimentieren!“ Was er damit meinte, ließ er aber offen. Ein Junger Liberaler befand, „die Wirtschaft“ sei das wahre Gebiet der FDP, und darauf solle sie sich konzentrieren.

Den übrigen Abend bestritten die Liberalen mit dem Lecken ihrer Wunden. „Wir haben Fehler gemacht“, räumten viele der Redner ein: die unklare Genscher-Nachfolge, Möllemanns Chip-Lüge oder die Bundespräsidentenwahl. Von einer grundsätzlichen Umorientierung war allerdings kaum die Rede. Hauptsächlich, so war man sich einig, kommen die Inhalte der FDP nur öffentlich „nicht rüber“.

Auch drei Frauen kamen zu Wort. Eine beklagte, Frauen kämen in der Partei weder als Thema noch als Politikerinnen oder als potentielle Wählerinnen vor. Artig hörte die Männermajorität zu und wandte sich dann wieder den allgemeinen Versäumnissen „des Liberalen“ zu. Im Januar soll das Forum mit einem Abend zum „Freiheitsbegriff“ fortgesetzt werden.

Einigermaßen unzufrieden mit dem vagen Charakter der Diskussion äußerte ein langjähriges Mitglied: „Ich habe nicht ein neues Wort gehört, seit 20 Jahren.“ niK