Schmöckern von Indien bis Kurdistan

■ Sechs Berliner Buchläden präsentieren sich auf der Expolingua als größte Sprachenbuchhandlung Deutschlands

„Durch Bücher lernt man die Sichtweise von Menschen fremder Kulturen besser kennen, das Verständnis untereinander wird erleichtert“, betont Germana Missoni, Sprecherin des Gemeinschaftsstandes von sechs Berliner Sprachenbuchhandlungen auf der Expolingua. Um das Motto der Messe „Sprachen lernen – Fremde verstehen“ mit Leben zu erfüllen, haben sich die sechs Buchläden zu der größten Sprachenbuchhandlung Deutschlands zusammengeschlossen, um eine breite Palette an Literatur aus Europa, asiatischen oder arabischen Ländern zu präsentieren.

Denn das Angebot an fremdsprachiger Literatur und Lehrbüchern für Spracherwerb ist in Berlin außerordentlich hoch, da sind sich die Organisatoren einig. Doch normalerweise muß der Leser verschiedene Läden aufsuchen, um sich mit Literatur von Indien bis Kurdistan, von Portugal bis Rußland einzudecken. Diese Vielfalt wollen die Buchhändler auf der Expolingua dem Leser einmal kompakt vorstellen. Die Messebesucher können nicht nur Bücher kaufen oder in ihnen stöbern, sondern sich auch fachkundig beraten lassen.

Das Interesse an fremdsprachiger Literatur ist groß. „Sobald Schüler über einen gewissen Wortschatz verfügen, möchten sie Bücher im Original lesen“, erzählt Antonia Lopez del Castillo, Spanischlehrerin an der Volkshochschule Wilmersdorf. Die Neugierde auf Fremdsprachiges bemerken auch die Buchhandlungen. „Rund 60 Prozent meiner Kundschaft sind Deutsche, die eine fremde Sprache lernen“, schätzt Thomas Rübens von der romanischen Buchhandlung „Andenbuch“. Nur 40 Prozent sind Ausländer, die Literatur in der heimatlichen Sprache lesen möchten.

Die Einschätzung trifft so jedoch nur auf die weitverbreiteten europäischen Sprachen zu. Buchhandlungen, die eher exotische Literatur in chinesisch, japanisch oder türkisch führen, haben es auf dem Markt schwerer. Sie müssen gezielt ihre Landsleute ansprechen, die in Berlin leben. Das Interesse an osteuropäischer Literatur ist in letzter Zeit durch die Öffnung der Grenzen und wirtschaftliche Kontakte zwar gestiegen. „Aber im Ostteil der Stadt ist das einst reiche Angebot leider fast ganz verdrängt worden“, beklagt Germana Missoni.

Für Schüler mißt sich die Attraktivität einer Sprache vor allem an ihrem Nutzwert. Für Exoten interessieren sich die Wenigsten. Dabei spielt Englisch für die berufliche Qualifikationen noch immer die Hauptrolle. Dagegen werden Italienisch oder Spanisch hauptsächlich für die Urlaubskommunikation gepaukt. „Momentan ist auch Thailändisch sehr gefragt“, erzählt Joachim Letsch, „besonders von Männern, die sich von dort eine Frau mitgebracht haben.“ Er versucht in seiner Sprachbuchhandlung Lehrmaterial für jede Sprache anzubieten – und sei sie noch so exotisch. Dabei ist der Bestellvorgang nicht immer einfach. „Lehrmaterial in Hawaiiisch muß ich in Hawaii selbst bestellen. Dabei kann es auch mal zu Wartezeiten von einem halben Jahr kommen.“ Manchmal muß er daher seine Kunden vertrösten. „Doch bestellbar ist im Prinzip alles.“

Audiovisuelle Medien spielen bei der Sprachvermittlung eine immer größere Rolle. „In der Erwachsenenbildung dominiert zwar noch die klassische Methode mit Buch und Tonkassette, doch gerade Schüler kann man mit einem Vokabeltrainingsprogramm auf Diskette eher vom Lernen überzeugen“, sagt Joachim Letsch. Er glaubt, daß auch die CD-Rom in Zukunft bedeutender wird. Denn sie ermögliche dem Lernenden eine gute Selbstkontrolle. Die neuen Medien für die Sprachvermittlung können auf der Expolingua selbst geprüft und ausprobiert werden. Hella Kloss