Ein Denkmal als "Störenfried"

■ Losungen der Demonstration am 4. November 1989 sollen auf dem Alex verewigt werden / Berliner Geschichtswerkstatt initiiert einen Ideenwettbewerb

Auch wenn die Alexanderplatz- Demonstration vom 4. November 1989 schon fünf Jahre zurückliegt, gelten viele der damaligen Forderungen noch heute. Um an eine der größten Demonstrationen in der Geschichte Berlins zu erinnern, machte die Berliner Geschichtswerkstatt den Vorschlag: „Pflastern wir den Alex mit Parolen.“ Jürgen Karwelat von der Geschichtswerkstatt könne sich vorstellen, sagte er auf der gestrigen Pressekonferenz im Berolinahaus, einen Teil der 322 archivierten Parolen in Metall gegossen in den Alex einzulassen oder die Losungen rund um die Uhr über ein Lichtband zu transportieren. Auch wenn der gemeinnützige Verein nur den Anstoß geben und sich die Ausgestaltung „nicht anmaßen“ will, hofft er auf eine Mitarbeit im noch zu gründenden Entscheidungsgremium aus Vertretern des Bezirksamtes Mitte, der Kirche und Initiatoren und Teilnehmern der Demo. Für die künstlerische Umsetzung schlägt die Geschichtswerkstatt einen beschränkten Ideenwettbewerb vor.

Lothar Scharsich, einer der Mitorganisatoren, betonte die Aktualität der Demonstration, an der mehr als 500.000 Menschen teilgenommen hatten: Es gehe um das Gedenken an „den Anfang einer Entwicklung für ein Deutschland, die noch lange nicht zu Ende ist“. Und die Erinnerung an diesen Beginn solle wie ein „ständiger Stachel“, ein „Störenfried“ sein.

Einen Termin für die Umsetzung des Projektes gibt es bisher nicht. „Vom Unmut der Bevölkerung ausgehend“, so Scharsich, würde es nur ein Vierteljahr dauern. Karwelat hofft, das Projekt ganz „unkonventionell“ mit Geldern aus dem Sondervermögen der ehemaligen Massenorganisationen der DDR zu finanzieren.

Geklärt werden muß auch noch, wie die mittlerweile getrennte Sammlung der Plakate wieder zusammengeführt werden kann. Rund 150 befinden sich in Scharsichs Privatarchiv, ein anderer Teil wird gegenwärtig in einer Ausstellung im Deutschen Historischen Museum gezeigt. Die Geschichtswerkstatt stellte einen Entwurf für einen Text vor, der den Zusammenhang zwischen „der gewaltlosen Versammlung“ und „dem Zusammenbruch der Machtverhältnisse in der DDR“ herstellen soll.

Daß der 9. November ohne die Demonstration nicht denkbar gewesen wäre, darin war man sich einig. Unterschiedlicher Meinung waren Scharsich und Karwelat aber über die Auswahl der Parolen. Bühnenbildner Scharsich sprach sich dagegen aus, eine „repräsentative Auswahl“ zu treffen: „Das ist Zensur.“ Barbara Bollwahn

Kontakt: Berliner Geschichtswerkstatt, Goltzstraße 49, 10781 Berlin