Bestattungsfirma sponsert Aids-Hilfe

■ Grieneisen will das Firmen-Image aufpeppen und hofft auf Werbeeffekt / 55.000 Mark für halbe Stelle bei der Aids-Hilfe

Die Deutsche Aids-Hilfe (DAH) ist eine Partnerschaft eingegangen, die auf den ersten Blick makaber wirkt. Mit Spendengeldern des Bestattungsunternehmens Grieneisen finanziert die DAH eine Mitarbeiterin, die Angehörige von HIV-Positiven und Aids-Kranken bei der Bildung von Selbsthilfegruppen unterstützt. 55.000 Mark sind dafür seit April letzten Jahres an die Aids-Hilfe geflossen. Das jüngste gemeinsame Produkt wird nächste Woche vorgestellt: eine Broschüre, die Aidskranke informiert, wie sie ihre Beerdigung vorbereiten können. „Wir wollten so eine Broschüre schon lange haben“, sagt DAH- Sprecher Michael Lenz. „Wir haben sie geschrieben. Grieneisen hat die Druckkosten übernommen.“ Als Gegenleistung prangt auf dem Titelblatt das Firmenlogo.

Grieneisen verspricht sich von der Spende aber mehr als nur einen Werbeeffekt. „Es ist eine Form der Imagewerbung“, sagt Rolf-Peter Lange, der Regionalleiter Berlin. Die 165 Jahre alte Firma will ihr Image modernisieren. Wen die Ästhetik eines Eichensarges eher abschreckt, der kann auch Designersärge „in allen Farben“ wählen. Auch was die Trauerzeremonie betrifft, ist man „offen für besondere Wünsche“ der Kundschaft. Warum nicht Freddie-Mercury-Songs statt getragener Orgelmusik? „Da ist ein Bedarf, den decken wir“, stellt Grieneisen-Manager Lange fest, der auch innenpolitischer Sprecher der FDP im Abgeordnetenhaus ist.

Doch es geht nicht nur um eine neue Beerdigungskultur. In Westdeutschland gab es Fälle, in denen Firmen sich weigerten, Aidstote zu beerdigen. Für Lange ein „unmenschliches“ und „grausames“ Verhalten. „Wir können hier einen winzigen Beitrag leisten, daß niemand diskriminiert wird.“ Seine Mitarbeiter begegneten einem Aidskranken, der seine Beerdigung planen will, mit „ungezwungener Normalität“. Doch die will gelernt sein. Zwölf eigens geschulte Mitarbeiter stehen in fünf Berliner Filialen für die Beratung von aidskranken Kunden bereit. Sie geben auch rechtliche Tips, wie Schwule mit einer Verfügung sicherstellen können, daß sie nicht gegen ihren Willen „von der Familie aus dem Schwarzwald als verlorener Sohn ins Familiengrab geholt“ werden (Lange).

DAH-Mitarbeiter Jürgen Neumann sieht Grieneisen ganz nüchtern als ein „Dienstleistungsunternehmen“. Die Zusammenarbeit findet er „überhaupt nicht problematisch“. Die Reaktionen der Mitarbeiter und DAH-Besucher waren allerdings geteilt: „Die Hälfte war angetan, weil sie glauben, daß auf diese Weise Tabus gebrochen werden. Andere waren vehement dagegen und haben uns vorgeworfen, für Grieneisen Werbung zu machen.“ Für DAH-Sprecher Michael Lenz ist das Entscheidende, „daß man sich nicht über den Tisch ziehen läßt“. Grieneisens Wunsch, im Text der Broschüre als Bestatter empfohlen zu werden, habe die DAH abgelehnt. Für das Unternehmen dürfte die Rechnung auch so aufgehen. Dorothee Winden