Altmännerträume auf Tournee

Dublin (taz) – Unglaublich: Chris de Burgh verwandelt derzeit die größten deutschen Konzerthallen in Hexenkessel. In seiner irischen Heimat ist er dagegen unten durch. Eins der beiden Dubliner Konzerte zur Eröffnung seiner europäischen Singetour mußte mangels Interesse abgesagt werden. Vermutlich geht es den IrInnen auf die Nerven, daß der Langweiler sein Privatleben zur Werbekampagne auswalzt. Jahrelang galt er als „Mister Saubermann“. Als seine Frau im vergangenen Jahr vom Pferd fiel und sich das Genick brach, saßen de Burgh und die Boulevardpresse an ihrem Krankenbett. Kaum ging es ihr besser, da erklärte sich der Sänger zum „Wunderheiler“. Die Nächte verbrachte der Quacksalber freilich mit dem 19jährigen Kindermädchen Merrissa Morgan. Als die Presse Wind davon bekam, strickte sich de Burgh flugs ein neues Image: Zerknirscht gestand er seiner Frau die Affäre, und „enge Freunde“ teilten der gähnenden Öffentlichkeit mit, daß de Burgh „ein Mensch mit Fehlern wie du und ich“ sei. Nun wäre sein Privatleben völlig schnuppe, würde er es nicht ständig vertonen und in die Welt hinausgreinen. Hatte er seiner Frau „Lady in Red“ gewidmet, so schrieb er „Blonde Hair, Blue Jeans“ für das Kindermädchen – ein grauenhaftes Machwerk, das der Phantasie eines Rockstars mit überschrittenem Verfallsdatum entsprungen ist: „Ich bringe sie nach oben und nehme sie auf dem Fußboden, und am Morgen bettelt sie nach mehr.“

De Burghs Altmännerträume haben auch in seine Biographie „From a Spark to a Flame“ Eingang gefunden. Darin erinnert sich der Sangesbruder, wie seine Eltern das Familienschloß in ein Ferienhotel verwandelten. Chris sang abends für die Gäste, und „jede Teenagerin in dem Laden wäre leichte Beute gewesen“, meinte er. Seine Frau hat ihm die Affäre mit der Babysitterin verziehen. Es fällt schwerer, ihm seine gräßlichen Lieder zu verzeihen. Ralf Sotscheck