taz darf Scientology-Liste weiter verbreiten

■ Erster Prozeßerfolg: Über Recherche eines Mietervereins darf berichtet werden

Berlin (taz) – Schon schien es, als dürften Medien über Unternehmen mit personellen Verbindungen zur Scientologenorganisation gar nicht mehr berichten. Ob gegen Bild, taz oder das Stadtmagazin HH 19 – ein Gericht nach dem anderen verbot in den letzten Monaten per einstweiliger Verfügung die Nennung solcher Firmen. Gestern errang die taz den ersten Prozeßerfolg in einem Hauptverfahren. Nach der Entscheidung des Landgerichts Berlin darf sie weiterhin Recherchen des Mietervereins Hamburg verbreiten, nach denen unter anderem die Immobilienfirmen Breitling und Partner sowie HG Harlaching in Verbindung zur Organisation der Scientologen stehen.

Die Interessenvertretung der Mieter hatte berichtet, nahezu jede zweite Hamburger Mietwohnung, die in eine Eigentumswohnung umgewandelt und verkauft wird, gehe durch die Hände von „Scientology-Firmen“. Diese versuchten „mit teilweise rüden Methoden“, die Mieter aus ihren Wohnungen zu vertreiben.

Zunächst konnten sich die beiden Hamburger Firmen – darunter eine, deren Geschäftsführer bei den Scientologen immerhin den Rang eines „operierenden Thetans der fünften Stufe“ (und damit der dritthöchsten) bekleidet – mit einer einstweiligen Verfügung gegen die taz durchsetzen. Begründung: ihre „Religion“ habe mit ihrer jeweiligen Firma nichts zu tun. Auch die bisherigen Gerichtsurteile folgen dieser Linie. Bleibe es dabei, dann würde es der Presse unmöglich, überhaupt noch über Verflechtung und Managementmethoden von Scientologen zu berichten. Ein wichtiger Bereich, in dem sich wirtschaftliche und auch politische Macht zusammenballt, wäre damit der Kontrolle durch die Presse entzogen.

So war es im vergangenen Jahr zum Beispiel der taz verboten worden, über einen Scientologen zu schreiben, der Stahlbetriebe von der Treuhand kaufen wollte. Er und seine Ehefrau hatten immerhin nachweislich 250.000 US-Dollar in die sogenannte „Kriegskasse“ der Scientologen gezahlt. Die von der taz angestrengte Verfassungsbeschwerde liegt seit einem geschlagenen Jahr unerledigt in Karlsruhe.

Mittlerweile machen nicht nur die Interessenvertreter der Mieter, sondern auch die der Makler gegen die Scientologen mobil. Wie am Mittwoch die Hamburger Morgenpost berichtete, fordert der „Ring Deutscher Makler“ eine konzertierte Aktion gegen Sektenmitglieder auf dem Immobilienmarkt. Auch hier werden die beiden Firmen, die jetzt im Prozeß gegen die taz unterlegen sind, wieder genannt. Maklersprecher Peter Landmann befürchtet – wohl zu Recht –, die Art des Vorgehens der Scientologen zerstöre das Vertrauen des Publikums in die gesamte Branche. Michael Rediske