„Wir müssen Hilfe anbieten, statt die Sanktionskeule zu schwingen“

■ Rüdiger Bredthauer, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Landespolizeidirektion Hamburg, schlägt einige Maßnahmen vor

„Voraussetzung für eine problemadäquate Vorgehensweise ist die grundsätzliche Anerkennung der Tatsache, daß Rassismus auch vor der Polizei nicht haltmacht. Selbstverständlich müssen Beamte, die sich entsprechend verhalten, zur Rechenschaft gezogen werden. Dennoch halte ich die augenblicklichen markigen Worte und den dramatischen Saubermann-Gestus für wenig angebracht, sich der Komplexität des Problems Rassismus in der Polizei anzunähern. Es ist wenig hilfreich, wenn diejenigen, die bei jedem sonstigen Delinquenten Hilfsangebote statt Strafe bevorzugen, bei delinquenten Polizeibeamten ausschließlich die Sanktionskeule schwingen. Es ist zu fragen, welche Hilfsangebote ihnen im Vorfeld von Sanktionen gemacht werden können, um künftige Straftaten zu verhindern.“

Folgende kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen zur Reduzierung der Probleme schlägt Rüdiger Bredthauer vor:

„1. Sichtung des Erkenntnisstandes: nationaler und internationaler Austausch von polizeilichen und wissenschaftlichen Erkenntnissen, Analysen und Konzepten zur Bekämpfung polizeiinterner, rassistischer Probleme.

2. Ergänzung der Einstellungstests um antirassistische und antiextremistische Filter.

3. Offensive Anwerbung von ausländischen Mitarbeitern bzw. Deutschen ausländischer Herkunft (entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil) und entsprechender Abbau kulturspezifischer Einstellungsbarrieren.

4. Wesentliche Verbesserung der Hilfsangebote für Beamte in Polizeirevieren mit extremen Belastungen oder in speziellen Einsatzgruppen.

5. Einsetzung von ,Vertrauensbeamten‘ für ausländische Mitbürger in entsprechenden Revieren.

6. Entwicklung eines Frühwarnsystems von Indikatoren problematischer Verhaltensmuster sowie abgestufter Interventionsmöglichkeiten im Vorfeld von Sanktionen.“ Gespräch: E. Seidel-Pielen