Umgebung ist ein weiter Begriff

■ Mit Hilfe des Argon Verlags lassen sich jetzt Alltag und Freizeit in Berlin organisieren – „Berlinothek“, eine teils doch ganz sinnvolle Ratgeber-Reihe

Es ist doch immer wieder eine feine Sache, wenn sich aus bereits vorhandenen Texten einer Zeitungsserie Bücher machen lassen. Das dachte sich wohl auch der Argon Verlag und brachte die Tagesspiegel-Serien „Von Tisch zu Tisch“ und „Land um Berlin“ in Buchform heraus. Zusätzlich gibt es noch eine zu vervollständigende Reihe von Stadtteilführern, von denen bisher Spandau, Mitte und Köpenick vorliegen. Die inhaltliche Qualität der äußerlich durchaus ansprechend gestalteten Bändchen dieser „Berlinothek“ ist leider sehr unterschiedlich.

Gut gelungen ist der Band mit Ausflugstips ins Umland. Jeder Tourbeschreibung sind nützliche „Tips zur Tour“ beigefügt, die auch Menschen ohne Auto berücksichtigt und notwendige Bahnverbindungen nennt. Und wer beispielsweise Lust auf Paddeltouren hat (Hartgesottene schätzen den Herbst dafür ja besonders), erhält auch Auskunft über die Möglichkeiten der Boot- Beschaffung.

Statt von Baum zu Baum kann man sich vom Argon Verlag innerstädtisch auch „Von Tisch zu Tisch“ führen lassen und sich – sofern mit dem hier sehr nötigen Kleingeld ausgestattet – auf den Spuren der Autoren Binder und Matthies in Berlins Freßtempeln verlustieren. Ärgerlich ist bei diesem Gourmet-Führer allerdings, daß er kein Inhaltsverzeichnis enthält.

Ganz anders dagegen die Stadtteilführer, die sehr wohl über ein Inhaltsverzeichnis und einen überaus umfassenden Serviceteil mit allen wichtigen Adressen und Telefonnummern für den jeweiligen Stadtbezirk verfügen. Teilweise ist das dann allerdings so genau, daß die Bücher demnächst schon wieder ungenau sein werden, beispielsweise wenn die Zusammensetzung beziehungsweise die Mitgliederzahlen der einzelnen Parteien einer Bezirksverordnetenversammlung sowie die Namen von Bezirksstadträten und sogar Zimmer-Nummern einzelner Beratungsstellen akribisch aufgelistet werden. Aber insgesamt bieten die Bändchen viel zur Stadtteilgeschichte und Anregungen zum Flanieren im eigenen oder fremden Bezirk und sind KiezbewohnerInnen und LangzeittouristInnen durchaus zu empfehlen.

Geradezu warnen muß man dagegen vor dem Buch „Gesund Essen und Trinken – Ökologische Ernährung in Berlin und Umgebung“. Wer einen Überblick über Naturkostläden und entsprechende Restaurants in Berlin erwartet, wird enttäuscht. Unter dem Titel „Wenn Rainer mit den roten Beeten kam“, ist zuerst einmal ein Nostalgie-Text zu WG-Zeiten zu lesen. Und danach wird man mit einer allgemeinen Einführung zu Bio-Produkten, bestehend aus einem Interview zum Thema Etikettenschwindel und ökologischer Landbau und den dazugehörenden Verbänden, gelangweilt.

Danach sollte es eigentlich losgehen – tut es auch, allerdings haarsträubend. Die folgenden Berichte zu einzelnen Bio-Läden bzw. Restaurants sind recht willkürlich aneinandergereiht. Besonders apart ist ein Interview mit dem Chefkoch des vegetarischen Restaurants „Thürnagel“. Der wird sinnvollerweise mit Fragen wie „...Herr Seebe, möchten Sie nicht liebend gern mal wieder ein Stück Fleisch in der Pfanne bruzzeln sehen?“ traktiert.

Natürlich gibt es dann tatsächlich den einen oder anderen Tip zum Thema (teils mit, teils ohne Adressenangabe), aber auch einen Bericht über den Neuland Verein in Bonn: „Umgebung“ ist offenbar ein sehr dehnbarer Begriff. Insgesamt ist das Ganze ein Sammelsurium von allem, was irgendwie mit Bio oder Öko zu tun hat und zwischen zwei Pappdeckel im Umfang von 128 Seiten paßt.

Die „Berlinothek“ ist, verlagsstrategisch gesehen, ein Doppeldecker: Einerseits läßt sich, was Format und Aufmachung betrifft, umstandslos neben die Argon-Reiseführer-Reihe zu Sehenswürdigkeiten des Umlands und der neuen Bundesländer ins Regal stellen. Andererseits festigt sie das Standbein des Verlages im Ratgeberbereich. Weitere Bände zum jüdischen Berlin, Brandenburger Tor, Märkte und Markthallen sowie Stadtteilführer Prenzlauer Berg und Zehlendorf sind bereits angekündigt.

Bedauerlich ist, vor allem bei den Stadtteilführern, der etwas überhöht erscheinde Preis von DM 16,80, der den Drang, mehrere dieser Bände zu besitzen, doch erheblich einschränkt. Vielleicht hätte es ein sammlerfreundlicher Preis von DM 9,80 ja auch getan. Martina Landmann

Berlinothek: „Land um Berlin“, „Von Tisch zu Tisch“, „Gesund Essen & Trinken“, „Köpenick“, „Spandau“, „Berlin Mitte“, alle haben 128 Seiten, alle sind im Argon Verlag erschienen, alle kosten 16,80 Mark.