Zuckerbrot für bosnische Serben

■ Konföderation mit Serbien vorgesehen Karadžić soll bis Ende Oktober gestürzt werden

Genf (taz) – Den bosnischen Serben soll offiziell eine Konföderation mit Serbien ermöglicht werden, wenn sie den Bosnien- Teilungsplan der internationalen Kontaktgruppe akzeptieren. Darauf hat sich die Kontaktgruppe (USA, Rußland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland) nach Informationen der taz verständigt und bereits entsprechende Zusagen an Serbiens Präsident Milošević gemacht. Eine solche Regelung bedeutet nach Ansicht diplomatischer Beobachter mittelfristig den Anschluß fast der Hälfte Bosniens an das jetzige Restjugoslawien und damit die Realisierung der großserbischen Ziele Belgrads.

Im Gegenzug will die Regierung Restjugoslawiens den bisherigen Führer der bosnischen Serben, Karadžić, bis spätestens Ende Oktober durch Politiker ersetzen, die dem Teilungsplan zustimmen. Außerdem stellte sie die Anerkennung Bosnien-Herzegowinas in Aussicht.

Bereits in den nächsten Tagen wird UNO-Generalsekretär Butros Ghali dem Sicherheitsrat empfehlen, die am Freitag vergangener Woche beschlossene Lockerung der Wirtschaftssanktionen gegen Serbien/Montenegro in Kraft zu setzen. Basis für diese Empfehlung ist ein gestern vorgelegter neuer Bericht der beiden Jugoslawienvermittler von EU und UNO, Owen und Stoltenberg. Darin wird Belgrads Behörden eine effektive Durchführung der Grenzblockade gegen den serbisch kontrollierten Teil Bosniens bescheinigt.

Der ursprünglich von Rußland und Großbritannien entwickelte Vorschlag der Kontaktgruppe sieht vor, daß die bosnischen Serben nach einer Unterzeichnung des Teilungsplanes sowie nach dem Rückzug ihrer Truppen auf die ihnen in diesem Plan zugesprochenen 49 Prozent Bosnien-Herzegowinas dieses Territorium in eine Konföderation mit Serbien einbringen können. Allerdings wird in dem Teilungsplan die Integrität Bosnien- Herzegowinas in seinen derzeitigen international anerkannten Grenzen formell noch festgeschrieben.

Zugleich soll nach einem von EU-Vermittler Owen entwickelten Vorschlag ein Gebietsaustausch zwischen Kroatien und Serbien stattfinden, der den Konflikt in der von Serben besetzten kroatischen Krajina entschärft und den Serben zumindest einen direkten Zugang zur Adria ermöglicht.

Diese gesamte sogenannte „Friedensregelung“ soll möglichst noch Ende Oktober unter Dach und Fach gebracht werden. Danach nämlich drohen mit dem nunmehr für Anfang November geplanten Antrag der Clinton-Administration im UNO-Sicherheitsrat auf Aufhebung des Waffenembargos neue Konflikte unter den Kontaktgruppenstaaten.

Bei Verhandlungen in Belgrad hat die Kontaktgruppe in den letzten zwei Wochen Zusicherungen von Präsident Milošević erhalten, den bosnischen Serbenführer Karadžić, der den Teilungsplan weiterhin ablehnt, sowie den Präsidenten des selbsternannten Parlaments in Pale, Krajisnik bis spätestens Ende Oktober aus dem Weg zu räumen.

Falls ein politischer Sturz nicht gelingt, sollen die beiden Serbenführer nach Informationan aus Belgrad notfalls physisch liquidiert werden. Als neues Führungsquartett der bosnischen Serben will Belgrad dann den bisherigen Stellvertreter Karadžićs, Koljevic, den Bürgermeister von Banja Luka, Radic, sowie zwei Belgrader Politiker installieren. Dem bisherigen militärischen Oberbefehlshaber der bosnischen Serben, General Mladic, soll eine hohe Stellung in Belgrad angeboten werden. Mladic hatte sich vor allem in den letzten Wochen durch Drohungen gegen die Unprofor hervorgetan, zum Teilungsplan der Bosnien-Kontaktgruppe bislang jedoch auffällig geschwiegen. Andreas Zumach