Sie essen Popcorn

■ Tony Ourslers Videoskulpturen in Frankfurt: Mehr als Medien-Feedback

Im Portikus, dieser Mini-Ausstellungshalle, die durch eine spektakuläre Versteigerung von Arbeiten dort ausgestellter KünstlerInnen vorerst gerettet scheint, ist es dunkel. Es dauert, bis man die Einzelheiten von Tony Ourslers Videoinstallation „System for Dramatic Feedback“ erkennt.

Der 1957 geborene New Yorker Künstler benutzt die fragmentarische Darstellung menschlicher Körper. Videobilder von „talking heads“ werden auf stilisierte Puppen projiziert. Dabei entsteht ein Mißverhältnis zwischen dem sprechenden Kopf und dem lediglich als materialer Träger noch fungierenden Rest des Körpers. Mindestens zwei Aspekte sind in diesen Arbeiten reflektiert: die Reduzierung von Kommunikation auf ihren an Sprache gebundenen rationalen Gehalt und die Trennung der so vermittelten Information von aller Emotionalität.

In der speziell für den Portikus konzipierten Arbeit dominiert eine kegelförmig, bis fast an die Decke reichende Skulptur den rechteckigen Raum. Sie besteht aus Puppen in Menschenform, die so angeordnet sind, daß sie in ihrer Mitte einen Hohlraum bilden. Auf diese Dummy-Skulptur und in sie hinein werden verschiedene Videofilme projeziert: ein nackter Mensch, der zusammensackt und wieder aufsteht, eine sich öffnende und schließende Hand, eine Hand, die flach auf etwas schlägt. Begleitet sind die Bilder von Geräuschen, die ihnen nicht zuzuordnen sind. In einer Ecke, rechts neben dem Eingang, ist eine kleine Figur zu sehen, auf deren Kopf der Videofilm eines Frauenkopfes geworfen wird. Die Frau schreit und stöhnt, ihre Stimme beherrscht den Raum. Auf die gesamte Wandfläche gegenüber wird ein Videofilm projiziert, der Zuschauer in einer Kinovorstellung zeigt. Sie essen Popcorn.

Als BesucherIn dieser Ausstellung bewegt man sich zwischen den einzeln im Raum verteilten Elementen und wird zugleich von den überdimensionalen Zuschauern beobachtet. Das Feedback, das diese Installation im Titel führt, ist ein Feedback der Blicke. Das alleine aber würde dem Titel der Installation nicht gerecht; das „dramatische Feedback“ um das es hier gehen soll, zielt auf ein Handeln und eine Auseinandersetzung, die über das Blicken hinausgehen. Inspiriert worden zu dieser Arbeit ist Oursler – wie dem Pressetext zu entnehmen ist – durch Fälle, in denen Gewaltverbrechen auf den Konsum sogenannter Gewaltfilme zurückgeführt worden sind. Oursler dagegen befragt die Trennung zwischen wirklicher Handlung und medialem Abbild. Darin ist er Moralist. Martin Pesch

Tony Oursler: „System for Dramatic Feedback“, bis 2.10. im Portikus, Frankfurt/Main.