„Wohnen ist ein Menschenrecht“ – Aktionstag der Obdachlosen

Der da liegt, ist ein Penner, ein Berber, ein Wermutbruder – so behauptet der Volksmund. Denn wer auf der Straße landet, ist selbst schuld – sagt das Vorurteil. Am Wochenende wollten Obdachloseninitiativen und Wohlfahrtsverbände zeigen, wo die wirklich Schuldigen sitzen. Mit Aktionen in 130 Städten der Republik forderten sie grundlegende Korrekturen bei der staatlichen Wohnungspolitik. Der „Wohnungsnotstand“ müsse ausgerufen werden, forderte die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG). Das Recht auf eine Wohnung müsse im Grundgesetz verankert, „menschenwürdige Unterkünfte“ für Odachlose müßten unverzüglich bereitgestellt werden. Denn „Wohnen ist ein Menschenrecht“. Weiter verlangte die BAG, Spekulation mit Wohnraum unter Strafe zu stellen und Wohnungsleerstand kurzfristig zu beseitigen. Der soziale Wohnungsbau solle forciert und durch ein kommunales Belegungsrecht ergänzt werden.

Die „direkte Übergabe“ von leerstehenden Wohnungen an Obdachlose forderten verschiedene Wohnungsloseninitiativen in Berlin. Die Stadt solle Wohnungen, die länger als drei Monate leer stehen, „rigoros beschlagnahmen“ und zur Zwischenvermietung freigeben. Kritisiert wurde die Unterbringung Obdachloser in „Läusepensionen“, die die Stadt rund 100 Mark pro Nacht koste. In Erfurt hatten sich rund 60 Obdachlose in der Innenstadt mit Zelten und Pappkartons niedergelassen und dort die Nacht verbracht. In Dresden nahmen rund 100 Menschen an der „Nacht der Wohnungslosen“ teil.

Die BAG geht davon aus, daß allein in den alten Bundesländern mindestens zweieinhalb Millionen Menschen in Wohnungsnot leben. Wie viele von ihnen derzeit obdachlos sind, „weiß niemand genau“. In Ostdeutschland werde „in diesem Bereich westlicher Standard leider sehr schnell erreicht und übertroffen“. (epd) Foto: Hans-Peter Stiebing/Zenit