Elfenbeinlobby zeigt die Zähne

Afrikas „Elefantenländer“, in dieser Woche in Botswana versammelt, machen sich für eine Aufhebung der Elfenbein-Handelssperre stark  ■ Von Marion Wiegand

Abschuß frei, lautet die Elefantenpolitik einiger afrikanischer Staaten. Seitdem die Wilderei abgenommen hat, sind die Dickhäuter nach Meinung der Elfenbeinlobby zu einer Plage geworden. Aus diesem Grunde blasen die Regierungen seit einiger Zeit selbst zur Jagd und ärgern sich mehr denn je, daß der Handel mit Elfenbein seit vier Jahren weltweit verboten ist. Das soll sich jetzt ändern. Vertreter von 21 Staaten wollen die Exportsperre nicht länger hinnehmen und beraten seit Montag auf einem Elfenbeingipfel in Botswana, wie der Handel zu legalisieren sei.

Vor allem im südlichen Teil Afrikas existieren riesige Elfenbeindepots. Teilweise sind die Stoßzähne gewildert, teilweise legale Beute der Wildhüter. So möchte der Sudan beschlagnahmtes Elfenbein verkaufen, um damit den Schutz seiner in freier Wildbahn lebenden Tiere zu finanzieren. Ob dies möglich ist, darüber müssen die Welthandelspartner auf der kommenden internationalen Artenschutzkonferenz im November dieses Jahres entscheiden.

Seit fast 20 Jahren steht der Elefant unter Artenschutz. Doch erst 1989 wurde der Handel mit Elfenbein weltweit verboten. Diese scharfen Konsequenzen waren notwendig geworden, um ein weiteres Massensterben des afrikanischen Elefanten zu verhindern. Lebten 1979 in ganz Afrika noch 1,3 Millionen Tiere, waren es sechs Jahre später nur noch halb so viele. Wilderer brachten ganze Herden um, fälschten für die Stoßzähne Dokumente und schmuggelten sie ins Ausland. Obwohl der Handel mit dem Elfenbein über Exportquoten limitiert war, bestand der scheinbar legale Markt zu 95 Prozent aus gewilderten Beständen. Noch Ende der achtziger Jahre starben wöchentlich an die 2.000 Elefanten. Erst das Elfenbeinverbot beendete das Massensterben der Dickhäuter. Die Verbraucher verschmähten das weiße Gold, was zur Folge hatte, daß auch auf dem Schwarzmarkt die Preise einstürzten. Für die Wilderer lohnte sich das schmutzige Geschäft nicht mehr.

Ganz läßt sich der Schmuggel allerdings nicht eindämmen. Nach Recherchen der Londoner Umweltinitiative Environmental Investigation Agency (EIA) beschlagnahmten südafrikanische Wildhüter allein im letzten Jahr gewilderte Stoßzähne von 1.400 Elefanten. „Es ist nicht möglich, den Handel lückenlos zu kontrollieren“, warnt Günther Merz vom World Wildlife Fund for Nature (WWF). Würde der Verkauf von Elfenbein wieder erlaubt, kämen auch die Wilderer wieder zum Zuge. Jede Änderung der jetzigen Exportsperre, so Merz, sei deshalb „ein Schlag gegen den internationalen Naturschutz“.

Genau das Gegenteil behaupten naturgemäß die Lobbyisten der Elefantenstaaten. Südafrika, Sudan und Simbabwe wollen, wie sie sagen, mit dem Verkauf der Stoßzähne den Schutz ihrer Wildtiere finanzieren. Dabei kommt ihnen zugute, daß die Elefanten selbst sich zu einer Bedrohung für die Umwelt entwickeln. Zunehmend mehren sich Berichte von „Elefantenplagen“ in den genannten Ländern. Große Herden vernichten Wälder oder fallen über Felder und Äcker her. Um riesige Schäden zu vermeiden, erschießen Wildhüter in Simbabwe alljährlich an die 2.000 Tiere.

Der Abschuß müsse sein, verteidigt auch der WWF die Bestandskontrolle, die auch in Deutschland bei Rehen und Hirschen verbreitet ist. Ganz anders sehen das die Londoner Artenschützer vom IAE. Ihrer Meinung nach gibt es nicht zu viele Elefanten, sondern einfach nur zuwenig Lebensraum für sie.

Nur zu gerne verschweigen die afrikanischen Elefantenjäger die Tatsache, daß sich die Rüsseltiere in der kurzen Zeit des Handelsverbots gar nicht vermehrt haben. Tatsächlich stagniert die Population seit Jahren bei 600.000 Tieren. Weil immer mehr Bauern Buschland in Ackerland umwandeln, verlieren die Elefanten ihre angestammten Futterplätze. Ihr Lebensraum gleicht immer mehr einem Flickenteppich. Wandertiere wie die grauen Kolosse, die Tausende von Kilometern zurücklegen, haben in der freien Natur kaum mehr eine Überlebenschance.

Dauerhaften Schutz finden sie nur in Naturreservaten. Doch selbst als freilaufende Touristenattraktion sind die Dickhäuter vor der Kugel nicht sicher. Allein im Kruger Nationalpark in Südafrika schießen Wildhüter jährlich 800 Tiere, um den Bestand klein zu halten.

„Unnötig“, meint IEA-Mitarbeiterin Helen Moore. Viele Elefanten seien Kriegsflüchtlinge, die vor Jahren bei Ausbruch der Unruhen von Zaire aus südwärts gezogen seien. Anstatt die sensiblen Tiere abzuknallen, solle man sie in ihre Heimatländer zurückbringen. Doch bislang verhindert ein Zaun um das Schutzgebiet die Rückkehr.

Daß Südafrika seinen Dickhäutern freien Abzug gewährleistet, ist eher unwahrscheinlich. Denn Elefanten, insbesondere ihre Stoßzähne, gehören zu den natürlichen Ressourcen eines Landes. Nichts liegt daher näher, als Elfenbein zu horten und darauf zu drängen, den Export zu legalisieren. Daß die afrikanischen Länder in erster Linie an den Devisen interessiert sind und weniger am Schutz ihrer Elefanten, liegt auf der Hand. Denn nichts schadet der gefährdeten Tierart mehr als ein legaler Handel mit ihren Schneidezähnen. Die Wilderer stehen bereits in den Startlöchern.

Anfang November müssen die mehr als 100 Mitgliedsstaaten des Washingtoner Artenschutzabkommens über die Zukunft des Elefanten entscheiden. Findet sich nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit, um das Elfenbeinverbot zu lockern, hat sich Südafrika noch eine Hintertür offengehalten. Das Land am Kap der Guten Hoffnung stellte den Antrag, Fleisch und Leder der Elefanten zu exportieren. Keinesfalls Stoßzähne, versprach die Regierung und verschwieg, was sie denn mit den Zähnen machen will.