Lafontaine fordert ehrliche Finanzplanung

■ Städte halten Umverteilung zu Lasten der Kommunen für einen Skandal

Bonn (dpa) – Der Bundesrat will am Freitag mit SPD-Mehrheit Bundesfinanzminister Waigel (CSU) auffordern, eine Alternativrechnung zur Finanzplanung bis 1998 vorzulegen. Diesen Beschluß des Finanzausschusses bekräftigten gestern in Bonn der stellvertretende SPD-Vorsitzende Lafontaine und der nordrhein-westfälische Finanzminister Schleußer (SPD).

Lafontaine warf der Bundesregierung vor, sie führe die Öffentlichkeit in die Irre, denn nach SPD- Berechnungen ergäben alle Regierungs-Wahlversprechungen zusammen Kosten von 87 Milliarden Mark, die von der jetzigen Finanzplanung nicht gedeckt seien. Damit bestehe Unsicherheit für die Finanzentwicklung von Ländern und Kommunen. Darin eingerechnet sind allerdings von Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) geforderte Unternehmensteuersenkungen und als Voraussetzung die Abschaffung des Solidarzuschlags, was jeweils 30 Milliarden Mark kosten würde. Nur wenn Waigel auch beim steuerlichen Existenzminimum und beim Familienlastenausgleich die genauen Belastungsverschiebungen angebe, so Lafontaine, erübrige sich die von ihm bis zum 14. Oktober verlangte Alternativrechnung.

Lafontaine will im Falle des Regierungswechsels einen Kassensturz vornehmen, um festzustellen, wie groß die Finanzlücken in der Planung tatsächlich sind. Dann werde man auch sehen, ob die eingeplanten vier Milliarden Mark, mit denen sich Waigel durch die Befristung der Arbeitslosenhilfezahlung auf dem Rücken der Kommunen entlasten wolle, nicht eine Luftbuchung seien.

Schleußer und der Städtetagspräsident Norbert Burger (SPD), nannten die Umverteilung zu Lasten der Kommunen einen Skandal. Burger forderte „von jeder Bundesregierung“, daß die Kommunen ausreichend finanzielle Grundlagen behalten müßten. Lafontaine sagte zu, eine SPD-Regierung werde die Arbeitslosenhilfe nicht auf null stellen. Wenn gekürzt werde, gebe es frühzeitig Gespräche.

Waigel hielt in einem Brief an Schleußer den Ländern vor, mit der von ihnen geforderten Finanzplanung „würde der Bundesrat durch die SPD-geführten Länder zwei Tage vor der Bundestagswahl zu einer Wahlkampfplattform umfunktioniert und damit zu einem Instrument der Parteipolitik gemacht.“