Nazi-Prozeß geplatzt

■ Der Auschwitz-Leugner Fred Leuchter erschien nicht zum Termin

Berlin (taz) – Zu Hause, in den USA, hat er sich den Gerichten als Spezialist für das Töten empfohlen. Fred Leuchter hat elektrische Stühle, Gaskammern, Galgen und eine computergesteuerte Maschine für tödliche Injektionen entworfen. Hierzulande feiert die rechte Szene ihn als Guru.

Mit pseudowissenschaftlichen Argumenten leugnet Leuchter den Holocaust. Auf einer Veranstaltung 1991 hatte er vor seiner Fangemeinde von der „Gaskammerlüge“ gesprochen. Übersetzt wurde die Rede von NPD-Chef- Deckert. Zwar verurteilte ihn das Landgericht Mannheim im vergangenen Monat zu einer Strafe von einem Jahr, zur Bewährung ausgesetzt, allerdings bescheinigte das Gericht Deckert durchaus ein „berechtigtes Anliegen“. Gestern sollte Fred Leuchter der Prozeß gemacht werden. Daraus wurde nichts. Der Angeklagte ist noch immer entfleucht.

Derselbe Richter, der gestern die Verhandlung gegen ihn geführt hätte, hatte ihn im vergangenen Jahr gegen die geringe Kautionssumme von 20.000 Mark und dem Versprechen, er werde zu dem Prozeß anreisen, laufen lassen. Fred Leuchter, amerikanischer Staatsbürger, flog zurück in die USA. Von dort ließ er gestern über seinen Anwalt mitteilen, er käme nicht zu seinem Prozeß nach Deutschland, weil er nach dem Deckert-Urteil „kein faires Verfahren“ erwarte.

Bis zum Jahre 2001 kann ich auf den lauern.“

Hätte Richter Manfred John ihn seinerzeit nicht aus der Untersuchungshaft entlassen, wäre der deutschen Justiz ein entscheidender Schlag gegen die rechte Szene gelungen. So bleibt dem Ankläger, Staatsanwalt Hans-Heiko Klein, nur übrig abzuwarten: „Bis zum Jahre 2001 kann ich auf der Mauer liegen und auf den lauern. Dann läuft die reguläre Verjährungsfrist ab.“ Ob Leuchter jemals vor Gericht erscheinen wird, hält Klein für unwahrscheinlich. „Der denkt doch nie dran.“

Die Kaution übrigens mußte das Landgericht dem Anwalt zurückzahlen, weil der Haftbefehl gegen Leuchter nach dessen Flucht wieder in Vollzug gesetzt wurde. Wann Richter John das nächste Mal Gelegenheit haben wird, mit zusammengebissenen Zähnen die Hauptverhandlung zu vertagen, ist ungewiß. Staatsanwalt Klein jedenfalls kennt nur einen Kommentar: „Schöne Scheiße ist das alles.“ Annette Rogalla