Geldverdienen im Schulunterricht

Berufsbildende Schulen wollen Produkte verkaufen, die die SchülerInnen herstellen / Erhöhung der Eigenmittel beabsichtigt, aber keine Serienfertigung / Senat lehnt die Vorschläge ab  ■ Von Hannes Koch

LehrerInnen berufsbildender Schulen in Berlin schlagen vor, daß die von den SchülerInnen während des Unterrichts hergestellten Produkte in begrenztem Rahmen verkauft werden dürfen. Die Einnahmen sollen dann der jeweiligen Schule zur Verfügung stehen, anstatt in die Landeskasse zu fließen.

„Es ist sinnlos, die Ausbildungsstücke auf den Schrotthaufen zu werfen“, begründet Klaus Poneß, Lehrer am Kreuzberger Oberstufenzentrum für Konstruktionsbau. 350 VollzeitschülerInnen erhalten dort ihre praktische Handwerksausbildung und erlernen das Feilen, Sägen, Schweißen. Dabei entstehen verkäufliche Produkte quasi nebenbei. „Zu Weihnachten haben wir jede Menge Kerzenständer“, so Poneß, und viele davon fristen nach dem 24. Dezember ein trauriges Dasein als Staubfänger – bis sie dem alljährlichen Frühjahrsputz zum Opfer fallen. Soweit die Kerzenständer, Gaderobenhaken und Aschenbecher gut geraten sind, könnten sie auch auf einem Weihnachtsmarkt verkauft werden und der Schule damit Geld einbringen, das für neue Maschinen oft genug fehlt.

Auch Brot und Brötchen, die an der Emil-Fischer-Schule für Ernährung und Hauswirtschaft in Reinickendorf täglich gebacken werden, ließen sich versilbern. „Heute verschenken wir sie“, so Schulleiter Günter Labitzke. In den Genuß der kostenlosen Backwaren kommen SchülerInnen, aber auch LehrerInnen. Gerade letztere wären mit einem kleinen Obulus nicht überfordert.

Derartige Geschäfte sind heute kaum möglich – bis auf wenige Ausnahmen, bei denen die Schulaufsicht ein Auge zudrückt. Denn die Landeshaushaltsordnung legt fest, daß im Prinzip jede Mark, die die Schulen einnehmen, in die Kasse des Finanzsenators wandert. Diese Regelung stranguliert das Verkaufsinteresse und die Eigeninitiative der Bildungsstätten.

Eine Änderung hingegen hätte den Vorteil, daß der strapazierte Landesetat entlastet würde, weil die Schulen einen Teil ihres Haushaltes aus eigener Kraft bestritten. Auch die Verwaltungen der Bezirke sparten, wenn sie zum Beispiel Spielgeräte für Kinderspielplätze billig bei einer Schule in Auftrag gäben.

Hier allerdings gerät das Modell schnell an seine Grenzen, was auch die LehrerInnen wissen, die es befürworten: Sobald die öffentliche Verwaltung in Konkurrenz tritt zur Privatwirtschaft, steht die Industrie- und Handelskammer beim Senat auf der Matte und protestiert. Das Wort dieser Lobbygruppe wiegt schwer.

Neben der Erweiterung des finanziellen Spielraumes seiner Schule, meint Metallbaulehrer Klaus Poneß, habe die Verkaufsidee auch pädagogische Vorteile. „Die Ausbildungsstücke durchlaufen ja die Endkontrolle des Verbrauchers.“ Die SchülerInnen würden motiviert, handwerklich gute Qualität abzuliefern und müßten sich vorher auch Gedanken machen, ob für ihre Artikel überhaupt Nachfrage bestehe. Nach der Aktion sind die Auszubildenden um einige Kenntnisse des kapitalistischen Marktes reicher. Gar nicht hoch genug einzuschätzen sei im übrigen die Förderung des Selbstbewußtseins durch den Verkaufserfolg, so Poneß.

Er betont jedoch: „Der pädagogische Effekt muß gegenüber dem finanziellen Interesse immer im Vordergrund stehen. Serienfertigung kommt nicht in Frage.“ Es sei in Ordnung, wenn seine Auszubildenden fünf Meter Gartenzaun im Auftrag des Bezirksamtes errichteten, „zweihundert Meter Zaun sind dagegen pädagogisch uninteressant“.

Trotz der vom Senat offiziell geäußerten Absicht, die Eigenverantwortlichkeit der Schulen steigern zu wollen, spielen diese Vorschläge keine Rolle. Nach Information von Andreas Moegelin, Sprecher der Schulsenators, ist nicht mit einer Änderung der Haushaltsordnung zu rechnen, die den Schulen eigene Einnahmen ermöglichte.