Grundgesetz reformiert

■ Minderheitenschutz bleibt kein Staatsziel

Bonn (AFP) – Der Bundestag hat gestern die nach mehrjährigen Beratungen vereinbarte Reform des Grundgesetzes verabschiedet. Mit der Mehrheit von 576 der abgegebenen 590 Stimmen billigten die ParlamentarierInnen die Aufnahme des Staatsziels Umweltschutz, des Behindertenschutzes und der Verantwortung des Staates für die Gleichstellung von Mann und Frau in das Grundgesetz. Auch eine Stärkung der Kompetenzen der Bundesländer in der Gesetzgebung wurde verabschiedet.

Andere Teile der Verfassungsreform, über die im Vermittlungsausschuß kein Konsens erzielt werden konnte, wurden vom Bundestag erwartungsgemäß abgelehnt und sind damit endgültig gescheitert. In Einzelabstimmungen fand weder die Aufnahme des Minderheitenschutzes sowie eines Aufrufs zu Mitmenschlichkeit und Gemeinsinn noch die Erweiterung der Zuständigkeiten der Länder im Bereich der Hochschulgesetzgebung die erforderliche Zweidrittelmehrheit.

Die getrennten Abstimmungen über die verschiedenen Grundgesetzänderungen waren vereinbart worden, um die Verabschiedung jener Teile der Reform zu ermöglichen, über die Einigkeit bestand. Alle diese Grundgesetzänderungen waren aufgrund einer Empfehlung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat den Abgeordneten des Bundestags im Paket zur Abstimmung vorgelegt worden. Dreizehn Abgeordnete stimmten gegen die Reformen, ein Parlamentsmitglied enthielt sich. Über die Verfassungsreform muß am 23. September noch der Bundesrat abstimmen.