„Weg zum milden Urteilen verlegt“

■ Hohe Haftstrafen im Magdeburger Himmelfahrtsprozeß gefordert / Prozeß wegen versuchten Mordes begann in Halle

Magdebug/Halle (taz) – Im zweiten Prozeß nach den Magdeburger Himmelfahrtskrawallen hat die Staatsanwaltschaft gegen die drei Angeklagten hohe Haftstrafen gefordert. Für den 21jährigen Heiko K. beantragte der Anklagevertreter dreieinhalb Jahre Haft, der 23jährige Steffen Sch. soll für drei Jahre und der gleichaltrige Carlo F. für zweieinhalb Jahre hinter Gitter.

Der Staatsanwalt sah es als erwiesen an, daß sich die drei Angeklagten an der ausländerfeindlichen Menschenjagd am Himmelfahrtstag und den anschließenden Krawallen vor der Marietta-Bar beteiligt haben. Zumindest Heiko K. sei dabei und bei einem zweiten Schub der Gewalt an diesem Tag, als Hooligans am Beginn der Fußgängerzone erneut Ausländer jagten, als Rädelsführer beteiligt gewesen. Heiko K. und Steffen Sch. haben in ihren Vernehmungen bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Haftrichterin Geständnisse abgelegt, in denen sie sich selbst und andere Beteiligte an den Krawallen erheblich belastet haben. Beide haben diese Geständnisse in der Hauptverhandlung widerrufen und sich als zufällig vor Ort gewesene Beobachter hingestellt. „Uns wäre es recht gewesen, wenn die Angeklagten Zeichen der Besinnung und Reue gezeigt und wahrheitsgemäße Aussagen gemacht hätten“, so der Staatsanwalt. „Diesen Weg zu einem milden Urteil haben die Angeklagten sich selbst und uns durch ihr Verhalten in der Hauptverhandlung verlegt.“ Die Verteidiger der drei Angeklagten beantragten zum Teil milde Bewährungsstrafen. Der Verteidiger von Carlo F. forderte Freispruch, weil die Beteiligung seines Mandanten an den Ausschreitungen angesichts widersprüchlicher Zeugenaussagen nicht zweifelsfrei nachgewiesen sei. Das Urteil wird heute vormittag verkündet, ebenso die Entscheidung des Gerichts über die Haftanträge der Staatsanwaltschaft gegen alle drei Angeklagten. Bei der zu erwartenden hohen Strafe besteht jetzt erhöhte Fluchtgefahr. Derzeit sitzt nur noch Steffen Sch. in Untersuchungshaft.

In Halle begann gestern ein Prozeß gegen drei Skinheads, denen die Staatsanwaltschaft Landfriedensbruch und versuchten Mord vorwirft. Die drei sollen vor einem halben Jahr in einer Straßenbahn einen Asylbewerber aus Ghana erst zusammengeschlagen und dann aus der fahrenden Bahn durch die geschlossene Scheibe auf die Straße geworfen haben. Der Asylbewerber erlitt dabei schwere Verletzungen. löb