■ Schnittplatz
: Camels Technoflug

Bekanntlich ist der Camel- Mann schon seit Jahren tot. Der weltberühmte Kettenraucher starb an Lungenkrebs. Interessanterweise war die Geschwulst des einsamen Wanderers viel größer als die Schuhlöcher, die er sich beim Kippenholen einfing. Seitdem wird, trendmäßig, immer weniger geraucht. Und demnächst wird die Tabakwerbung ganz verboten.

Deswegen versuchen die Tabakkonzerne, mit völlig lachhaften Methoden gleichgültigen Youngsters ihre Fluppen schmackhaft zu machen: Sie verbinden ihre Zigarettenmarken mit irgendeinem bedeutungssteigernden Stuß: Marlboro ködert mit dem Abenteuer- Trip, Philip Morris lädt zum Bildungsurlaub, West geht gerade mit einem „Sensual Zone“-Erlebnispark auf Tour.

Camel hat jetzt zur Erfolgssicherung eigens eine für ihre Anbiederei berüchtigte Journalistenmanipulationsagentur beauftragt. Der Laden namens „Mega Cult“ belämmert uns nun mit dem sogenannten Camel Air Rave: An diesem Wochenende werden über hundert Teenies, die verwirrt genug waren, dafür fünf Hunnis abzudrücken, in Frankfurt in einen Airbus gesperrt. Mit von der Partie sind auch knapp hundert sogenannte Journalisten. Die notorischen Schönschreiber fliegen konsequenterweise für Noppes. Der Flieger düst dann nach Kreta. Dort und an Bord werden die versammelten Verirrten mit dieser zeitgenössischen Bum-Bum-Musik namens Techno gefügig gemacht. Auch „Hardwax-DJ Electrik Indigo“ (Selbstbezichtigung) läßt sich das zweifelhafte Vergnügen nicht nehmen: „Der Air Rave ist einer der exklusivsten und luxuriösesten Raves der Partygeschichte“, schwärmt die „derzeit deepste Technohouse-Soundeuse Europas“ (Promotiontext). Insgesamt währt die Gehirnwäsche 72 Stunden lang. Nonstop. Die armen Kinder kommen wohl kaum zum Pennen auf dem Trip. Von Kreta zieht die Camel-Karawane dann nach Amsterdam, 16 Stunden später weiter nach Köln. Finale: kollektives Kollabieren in der Domstadt. Was bleibt, sind Fragen. Wie etwa heißt die Droge, die diesen Folterkäfig voller Narren die Gaga- Sause überleben läßt? Camel light ist das ganz sicher nicht.Thomas Meiser